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IACM-Informationen vom 30. November 2013

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Tschechische Republik — Die meisten Patienten haben nicht die finanziellen Möglichkeiten, um sich Cannabis aus der Apotheke leisten zu können

Die tschechische Republik legalisierte die medizinische Verwendung von Cannabis in diesem Jahr. Das Gesetz trat am 1. April in Kraft, es bestehen jedoch strenge Restriktionen hinsichtlich des Anbaus, des Verkaufs und des Imports. Für die meisten Patienten besteht die Lösung daher weiterhin darin, die Pflanzen selbst anzubauen. Es wird geschätzt, dass etwa 20.000 Patienten die Kriterien für eine Cannabisbehandlung erfüllen würden, jedoch keine Chance haben, ihn legal zu bekommen – auch wenn die Polizei im Allgemeinen diese Anbauer ignoriert, denen theoretisch eine Gefängnisstrafe droht. Patienten und medizinische Experten kritisieren die Indifferenz des Gesundheitsministeriums, das die Legalisierung der medizinischen Verwendung von Cannabis lange Zeit heftig bekämpft hat. "Es gibt ein konsistentes Bemühen des Gesundheitsministeriums, das Gesetz nicht wirklich umzusetzen", erklärte Tomas Zabransky, ein Berater der Vereinten Nationen und der Europäischen Union zu Drogenfragen.

Das Ministerium verneint die Behauptung, den Zugang zu medizinischem Cannabis zu blockieren, es gibt aber nur wenige, die infrage stellen, dass seine Vorgehensweise für die Patienten erhebliche Barrieren für den legalen Zugang zu Cannabis aufgebaut hat. Das Gesundheitsministerium hat den Versicherungen verboten, die Kosten für medizinischen Cannabis zu übernehmen und hat die maximale Menge, die Patienten erhalten dürfen, auf 30 g pro Monat begrenzt. Das ist eine Menge, die laut Zabransky häufig nicht ausreicht, um eine wirksame Linderung zu erzielen. Die Regierung erlaubt nur den Import von vier Cannabis-Sorten, die aus den Niederlanden importiert werden können, wo diese durch das Unternehmen Bedrocan hergestellt werden. Der Cannabis kostet in Tschechien etwa 7,50 Euro (etwa 10 US-Dollar) pro Gramm. Das können sich die meisten Patienten in einem Land, in dem das Durchschnittsgehalt bei etwa 950 Euro (etwa 1300 US-Dollar) und die durchschnittliche Rente bei etwa 370 Euro (etwa 500 US-Dollar) liegt, nicht leisten.

Associated Press vom 15. November 2013.

Großbritannien/USA — Mehr als 100 Kinder mit Epilepsie erhalten einen neuen CBD-reichen Cannabisextrakt

Das britische Unternehmen GW Pharmaceuticals gab bekannt, dass die amerikanische Zulassungsbehörde FDA die Durchführung von klinischen Studien mit Epidiolex, ihren Produkt-Kandidaten, der Cannabidiol (CBD) als aktiven Wirkstoff enthält, für die Behandlung von Kindern mit Dravet-Syndrom, eine seltene und schwere Form einer kindlichen, genetisch bedingten und therapieresistenten Epilepsie-Form, erlaubt hat. Das Unternehmen hofft, im Jahr 2014 mit Studien beginnen zu können.

Neben dem klinischen Entwicklungsprogramm von GW für Epidiolex beim Dravet-Syndrom hat GW Möglichkeiten geschaffen, die es unabhängigen US-Spezialisten für kindliche Epilepsien erlauben, kindliche Epilepsiefälle sofort mit Epidiolex zu behandeln. Zurzeit erhalten 125 Kinder mit Epilepsie dieses Medikament.

Pressemitteilung von GW Pharmaceuticals vom 15. November 2013.

Wissenschaft/Mensch — Orales THC verursacht ähnliche psychoaktive Wirkungen wie gerauchter Cannabis

Bei Schmerzpatienten verursachte orales THC (Dronabinol) ähnliche psychoaktive Wirkungen wie die Einnahme von Dronabinol durch die Inhalation von Cannabis. Dies ist das Ergebnis einer Studie am Brigham- und Frauenkrankenhaus und an der Harvard Medical School in Boston (USA). Die Wissenschaftler führten eine randomisierte kontrollierte Studie mit einzelnen Dosen Placebo, 10 mg oder 20 mg oralem THC bei 30 Patienten durch, die an nicht krebsbezogenen Schmerzen litten und Opiate einnahmen, jedoch keinen Cannabis verwendeten. Über einen Zeitraum von acht Stunden beantworteten die Teilnehmer stündlich einen standardisierten Fragebogen, den Addiction Research Center Inventory (ARCI). Die Vergleichsgruppe waren die ARCI-Antworten in einer Studie mit 20 Probanden ohne Schmerzen, die in Abständen von 30 min nach dem Rauchen einer Cannabiszigarette mit 2 % THC (geringe Stärke) und mit 3,5 % (hohe Stärke) den Fragebogen beantworteten.

Nach der Einnahme von 10 und 20 mg THC traten verglichen mit dem Plazebo signifikant erhöhte Werte in 4 von 5 Subskalen des ARCI auf. Die ARCI-Maximalwirkungen nach 2 h ähnelten den Maximalwirkungen 30 min nach dem Rauchen von Cannabis. Die Autoren folgerten, dass "orales Dronabinol bei Schmerzpatienten einige psychoaktive Wirkungen wie nach dem Rauchen von Marihuana verursacht". Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, eine Behandlung mit THC mit niedrigen Dosen zu beginnen und dann langsam entsprechend der unerwünschten und therapeutischen Wirkungen zu steigern.

Issa MA, Narang S, Jamison RN, Michna E, Edwards RR, Penetar DM, Wasan AD. The Subjective Psychoactive Effects of Oral Dronabinol Studied in a Randomized, Controlled Crossover Clinical Trial For Pain. Clin J Pain, 25. November 2013 [im Druck]

Kurzmeldungen

Schweiz — Sativex wird bald erhältlich sein

GW Pharmaceuticals kündigte an, dass das Unternehmen die Erlaubnis zur Vermarktung seines Cannabisextrakts Sativex für die Behandlung der Spastik bei multipler Sklerose erhalten hat. Sativex wird in der Schweiz von GWs europäischem Partner Almirall vermarktet.

Pressemitteilung von GW Pharmaceuticals vom 27. November 2013.

Australien — Die Regierung von New South Wales lehnt einen Vorschlag für die medizinische Verwendung von Cannabis ab

Im vergangenen November hatte die Regierung von New South Wales eine parlamentarische Untersuchung zur medizinischen Verwendung von Cannabis für medizinische Zwecke eingeleitet. Der Ausschuss empfahl, dass Aids- und terminal erkrankte Patienten 15 g getrockneten Cannabis besitzen und verwenden dürfen. Allerdings hat die Regierung den Vorschlag abgelehnt.

Rheumatology Update vom 22. November 2013.

Wissenschaft/Tier — CBDV könnte nützlich bei Epilepsie sein

Das natürliche Cannabinoid CBDV (Cannabidivarin) reduzierte die Aktivität von Epilepsie bezogenen Genen in einem Mausmodell der Epilepsie. Die Forscher schrieben, dass ihre Ergebnisse "die erste molekulare Bestätigung für Wirkungen auf das Verhalten durch das nicht psychoaktive, antikonvulsive Cannabinoid CBDV bei chemisch induzierten Anfällen liefert und seine Eignung für die klinische Entwicklung unterstreicht".

Chemisches Institut, Universität von Reading, Großbritannien.

Amada N, et al. PeerJ 2013;1:e214.

Wissenschaft/Tier — CB2-Rezeptoren sind in die Schmerzempfindung bei Arthritis involviert

Die systemische Gabe des synthetischen Cannabinoids JWH133, das an CB2-Rezeptoren bindet, reduzierte Schmerzen bei Mäusen mit Osteoarthritis (OA). Es gab eine negative Korrelation zwischen der Anzahl an CB2-Rezeptoren im Rückenmark und der Schwere des Gelenkschadens. Die Autoren schrieben, dass diese Ergebnisse “nahe legen, dass die Nutzung des CB2-Rezeptoren als Angriffspunkt ein therapeutisches Potential bei der Behandlung von Schmerzen bei OA hat“.

Universität von Nottingham, Großbritannien.

Burston JJ, et al. PLoS One 2013;8(11):e80440.

Wissenschaft/Tier — Neue Östrogen-Rezeptormodulatoren binden an CB2-Rezeptoren

Tierexperimentelle Studien zeigten, dass die neuen selektiven Östrogen Rezeptormodulatoren Bazedoxifen und Lasofoxifen CB2-Rezeptoren blockieren. Sie sind "inverse Agonisten“ am CB2 Rezeptor. Es ist beabsichtigt, diese Medikamente für die Behandlung der Osteoporose einzusetzen. Die Autoren schrieben, dass diese Medikamente "potentiell für neue therapeutische Indikationen umfunktioniert werden können, für die CB2-Rezepzoren den Angriffspunkt darstellen.”

Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Medizinische Fakultät, Universität von Louisville, USA.

Kumar P, et al. Biochem Biophys Res Commun, 22. November 2013 [Im Druck]

Wissenschaft/Mensch — Verglichen mit Alkohol spielen illegale Drogen eine untergeordnete Rolle bei tödlichen Verkehrsunfällen

Bei 21% von 895 getöteten Fahrern bei Verkehrsunfällen in Schweden zwischen 2008 und 2011 wurde Alkohol nachgewiesen. Bei nur 2.5% wurden illegale Drogen (überwiegend THC und Amphetamine) entdeckt. Bei weiteren 1.8% wurden illegale Drogen gemeinsam mit Alkohol festgestellt. Die Autoren schrieben, dass “verglichen mit Alkohol die Häufigkeit von illegalen Drogen und verschriebenen psychoaktiven Medikamenten ziemlich niedrig war, trotz eines dramatischen Anstiegs von Fahrern, die von der Polizei aufgrund einer drogenbezogenen Fahruntauglichkeit verhaftet wurden, nachdem 1999 ein Nulltoleranz-Gesetz eingeführt worden war.”

Institut für Forensische Genetik und Forensische Toxikologie, Nationale Behörde für Forensische Medizin, Linköping, Schweden.

Ahlner J, et al. Scand J Public Health, 21. November 2013 [Im Druck]

Wissenschaft/Mensch — Die Endocannabinoid-Spiegel sind bei Patienten mit posttraumatischer Belastungsstörung verändert

Das Borderline-Syndrom ist mit einem verändertem Blutspiegel der Endocannabinoide Anandamid und 2-Arachidonoyglycerol (2-AG) verbunden. Posttraumatische Belastungsstörungen stehen mit Veränderungen des Endocannabinoids Oleoylethanolamid im Zusammenhang.

Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Universität von Heidelberg, Mannheim, Deutschland.

Schaefer C, et al. Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci, 20. November 2013 [Im Druck]

Wissenschaft/Tier — Palmitoylethanolamin linderte Arthritis

Die Gabe des Endocannabinoids Palmitoylethanolamin linderte Arthritis, die bei Mäusen hervorgerufen wurde. Zudem waren die Blutspiegel von entzündungsfördernden Substanzen bei einer Behandlung mit Palmitoylethanolamin + Luteolin signifikant reduziert. Luteolin ist ein Flavonoid, das in vielen Pflanzen vorkommt, darunter Sellerie, grüner Pfeffer und Olivenöl. Die Autoren schrieben, dass die beiden Substanzen zusammen "eine entzündungshemmende Wirkung während chronischer Entzündungen ausüben".

Institut für Klinische und Experimentelle Medizin und Pharmakologie, Medizinische Fakultät, Universität von Messina, Italien.

Impellizzeri D, et al. Arthritis Res Ther 2013;15(6):R192.

Wissenschaft/Zellen — CBD hemmt Zeichen der Entzündung in Gewebe aus dem menschlichen Darm

Die entzündungsfördernde Substanz Interleukin-17A ist mit entzündlichen Darmerkrankungen wie beispielsweise Morbus Crohn assoziiert. Cannabidiol (CBD), Anandamid und Hydrokortison reduzierten den Schaden der Darmschleimhaut, der durch Interleukin-17A verursacht worden war.

Fakultät für Gesundheitswissenschaften, Universität von Adelaide, Australien.

Harvey BS, et al. Cytokine, 13. November 2013 [Im Druck]