Veröffentlicht
Zuletzt aktualisiert
Lesezeit

IACM-Informationen vom 5. Juni 2010

Authors

Wirtschaft Deutschland — Mit dem Volcano Medic ist der erste medizinische Cannabinoid-Inhalator zugelassen

Die deutsche Firma Vapormed hat den ersten offiziell zugelassenen medizinischen Cannabinoid-Inhalator der Welt, den Volcano Medic Vaporizer, auf den Markt gebracht. Das Volcano Medic Verdampfungssystem ist fĂŒr die Verdampfung und anschließende Inhalation von in Alkohol gelöstem Dronabinol (THC) oder Cannabinoiden aus HanfblĂŒten (Cannabis flos) bestimmt. In seiner Pressemitteilung erklĂ€rt das Unternehmen: "Mit dem Volcano Medic Verdampfungssystem werden gleich zwei medizintechnische Probleme auf einmal gelöst. Zum einen erlaubt das Volcano Medic Verdampfungssystem zum ersten Mal die inhalative medizinische Applikation flĂŒssiger, in Alkohol gelöster Cannabinoide. Zum anderen erlaubt es die inhalative Applikation von Cannabinoiden direkt aus getrockneten CannabisblĂŒten. (...) Im Volcano Medic Verdampfungssystem werden die Cannabinoide lediglich durch Hitzeeinwirkung gelöst (verdampft). Eine Verbrennung wie beim Rauchen findet nicht statt." Dies vermeide die Bildung von schĂ€dlichen Verbrennungsprodukten.

Die Vorteile der Inhalation von Cannabinoiden im Vergleich zur oralen Applikation seien in erster Linie der schnelle Wirkungseintritt und die Kostensenkung durch die deutlich bessere Effizienz der verdampften Cannabinoide. "So liegt die systemische BioverfĂŒgbarkeit von inhalierten Cannabinoiden bei ca. 29% - 40%. Zum Vergleich: Die systemische BioverfĂŒgbarkeit von oral aufgenommenen Cannabinoiden liegt bei unter 15%." Der Hersteller des Volcano Medic Verdampfungssystems ist die Firma Storz & Bickel. Nach der Pressemitteilung wird der Volcano Medic zuerst in Deutschland und den Niederlanden erhĂ€ltlich sein. Er ist vom TÜV SÜD in MĂŒnchen gemĂ€ĂŸ den geltenden Richtlinien und Gesetzen fĂŒr Medizinprodukte zertifiziert. "Die VerfĂŒgbarkeit des Volcano Medic in weiteren LĂ€ndern ist von der VerfĂŒgbarkeit von zugelassenen und verdampfbaren Cannabinoiden oder CannabisblĂŒten abhĂ€ngig", erklĂ€rte das Unternehmen.

Weitere Informationen:

http://www.vapormed.com

(Quelle: Pressemitteilung von Vapormed vom 2. Juni 2010)

Wissenschaft — Cannabis wirksam bei der Behandlung des Tourette-Syndroms und der Aufmerksamkeitsdefizit-HyperaktivitĂ€tsstörung (ADHS)

Deutsche Wissenschaftler der UniversitĂ€ten Göttingen, Hamburg und Dresden berichteten von der Behandlung eines 15-jĂ€hrigen Jungen mit behandlungsrefraktĂ€rem Tourette-Syndrom (TS) und Aufmerksamkeitsdefizit-HyperaktivitĂ€tsstörung (ADHS), die zu einer starken körperlichen und psychosozialen BeeintrĂ€chtigung fĂŒhrten. Die Gabe von THC resultierte in einer deutlichen Verbesserung der Tics, ohne Nebenwirkungen zu verursachen, und erlaubte eine parallele Behandlung der ADHS mit Stimulanzien. Durch die THC-Behandlung wurde die intrakortikale Hemmung, also die Übertragung von Nervenreizen in der Hirnrinde, verstĂ€rkt.

Die Autoren folgerten, dass "unsere Beobachtung nahe legt, dass Delta-9-THC eine erfolgreiche Alternative bei Patienten mit schwerem, auf klassische Behandlungen nicht ansprechendem TS darstellen könnte. Besonders bei einer durch Stimulanzien induzierten VerstÀrkung der Tics könnte Delta-9-THC eine erfolgreiche Behandlung einer komorbiden ADHS ermöglichen. Die VerstÀrkung der intrakortikalen Hemmung könnte durch eine Modulierung der Freisetzung verschiedener Neurotransmitter, inklusive Dopamin und Gamma-AminobuttersÀure, vermittelt werden."

(Quelle: Hasan A, Rothenberger A, MĂŒnchau A, Wobrock T, Falkai P, Roessner V. Oral delta9-tetrahydrocannabinol improved refractory gilles de la tourette syndrome in an adolescent by increasing intracortical inhibition: a case report. J Clin Psychopharmacol 2010;30(2):190-2.)

USA — Ärzte in Montana, die FormblĂ€tter fĂŒr die Erlaubnis zur Verwendung von Cannabis in fahrenden Kliniken ausstellen, mĂŒssen mit disziplinarischen Konsequenzen rechnen

Ärzte, die an Massen-Kliniken fĂŒr medizinischen Cannabis arbeiten, mĂŒssen nach einem Beschluss der Ärztekammer von Montana im Mai mit disziplinarischen Konsequenzen durch die Kammer rechnen. Die Mitglieder des zustĂ€ndigen Gremiums der Ärztekammer entschieden, dass die Empfehlung einer Behandlung nach einer kurzen Konsultation und ohne therapeutische Begleitung nicht dem Standard der Behandlung entspricht, der von Ärzten von Montana erwartet werde. Sie nahmen einstimmig ein Positionspapier an, das ihnen die Sanktion von Ärzten wegen einer Behandlung von medizinischen Cannabiskonsumenten unterhalb des ĂŒblichen Standards erlauben wird.

Das könnte die Ausstellung von Erlaubnissen von FormblĂ€ttern fĂŒr medizinischen Cannabis in fahrenden Kliniken oder ĂŒber das Internet umfassen. "Die Ärztekammer nimmt keine Position zur allgemeinen Angemessenheit von Marihuana bei der Behandlung von Erkrankungen ein, hat jedoch die Aufgabe, die Öffentlichkeit zu schĂŒtzen, indem sie dafĂŒr sorgt, dass Ärzte medizinische Dienste im Rahmen einer vertrauensvollen Arzt-Patient-Beziehung, die den allgemeinen Therapiestandards entsprechen, anbieten", heißt es in dem Papier. Ärzte des Staates sind verĂ€rgert ĂŒber die Art und Weise, wie BĂŒrger von Montana medizinische Cannabiskarten an Massen-Kliniken, betrieben von Ärzten außerhalb des Staates, erhalten haben. "Ich denke, es wird korrumpiert", erklĂ€rte Dr. Jim Guyer, Direktor einer Klinik in Billings. "Die Menschen, die durch die TĂŒr kommen, beuten es aus. Die Menschen, die daran Schaden nehmen, sind die Menschen, fĂŒr die das Gesetz gedacht war." Die Zahl der Ausweisinhaber hat in Montana und anderen Staaten der USA in den letzten 1,5 Jahren stark zugenommen.

(Quelle: Billings Gazette vom 24. Mai und 1. Juni 2010)

Kurzmeldungen

USA — Arizona

Zum vierten Mal werden die WĂ€hler von Arizona im November darĂŒber entscheiden, ob es Personen mit bestimmten Erkrankungen erlaubt sein soll, legal Cannabis zu verwenden. Die staatlichen Behörden bestĂ€tigten, dass UnterstĂŒtzer der letzten medizinischen Cannabis-Initiative genug gĂŒltige Unterschriften fĂŒr ihre Petition haben, um sie auf den Wahlzettel zu setzen. Die BĂŒrger von Arizona haben eine Ă€hnliche Gesetzesvorlage bereits zweimal angenommen. Wegen der Art der Formulierungen sind sie jedoch nie in Kraft getreten. (Quelle: The Sun vom 1. Juni 2010)

USA — Washington D.C.

Eine Besteuerung von medizinischem Cannabis könnte der Stadt innerhalb der nĂ€chsten fĂŒnf Jahre etwa 400.000 US-Dollar (etwa 330.000 EUR) einbringen. Dies schĂ€tzt die Finanzbehörde der Stadt. Der Stadtrat verabschiedete in diesem Jahr ein Gesetz, das Einwohnern mit bestimmten Erkrankungen erlaubt, Cannabis zu kaufen. Nun soll der Finanzausschuss am 15. Juni ĂŒber ein Budget entscheiden, das einen Posten enthĂ€lt, der es der Stadt auferlegt, 6 Prozent Steuern auf medizinischen Cannabis, der in der Stadt verkauft wurde, enthĂ€lt. (Quelle: Associated Press vom 1. Juni 2010)

Wissenschaft — Amyotrophe Lateralsklerose

Am Kantonsspital St Gallen (Schweiz) wurde eine klinische Studie mit 27 Patienten, die an amyotropher Lateralsklerose (ALS) und KrĂ€mpfen litten, durchgefĂŒhrt. In einer doppelblinden, plazebokontrollierten und kreuzkontrollierten Studie erhielten sie zwei Wochen lang zweimal tĂ€glich 5 mg THC und weitere zwei Wochen ein Plazebo, unterbrochen von einer zweiwöchigen Auswasch-Phase. THC wurde gut vertragen. Es gab "keinen Hinweis auf einen Behandlungseffekt auf die IntensitĂ€t der KrĂ€mpfe, die Zahl der KrĂ€mpfe, die IntensitĂ€t der Faszikulationen oder einen der anderen sekundĂ€ren Zielparameter". (Quelle: Weber M, et al. J Neurol Neurosurg Psychiatry, 24. Mai 2010 [im Druck])

Wissenschaft — Seekrankheit

Nach Forschung an der UniversitĂ€t von MĂŒnchen (Deutschland) sind Stress und Seekrankheit beim Menschen mit einer gestörten Endocannabinoid-AktivitĂ€t assoziiert. Sie folgerten, dass eine VerstĂ€rkung der Endocannabinoid-Signalgebung "eine alternative therapeutische Strategie gegen die Seekrankheit bei Personen sein könnte, die nicht auf gegenwĂ€rtig verfĂŒgbare Behandlungen ansprechen". (Quelle: ChoukĂšr A, et al. PLoS One 2010;5(5):e10752.)

Wissenschaft — Essenzielle FettsĂ€uren

Forschung an der UniversitĂ€t von Cordoba (Argentinien) zeigt, dass das Endocannabinoidsystem durch von außen zugefĂŒhrte mehrfach ungesĂ€ttigte FettsĂ€uren moduliert werden kann, da diese FettsĂ€uren als VorlĂ€ufer der Endocannabinoide dienen. (Quelle: Dain A, et al. Front Biosci (Elite Ed) 2010;2:1432-47.)

Wissenschaft — Krebs

Nach Forschung an der UniversitĂ€t von New York hemmt THC die Zellatmung von menschlichen Krebszellen des Mundes. Die Wissenschaftler stellten fest, dass ihre "Ergebnisse zeigen, dass Cannabinoide potente Hemmer der Zellatmung von Tu183 und toxisch fĂŒr diesen hoch malignen Tumor sind". (Quelle: Whyte DA, et al. Pharmacology 2010;85(6):328-335.)

Wissenschaft — Krebs

Nach Forschung an der UniversitĂ€t von Bristol (Großbritannien) induziert das Endocannabinoid Anandamid den Zelltod von Dickdarm-Krebszellen, die resistent gegen Apoptosen sind. Diese Wirkung hing von der Cyclooxygenase-2 (Cox-2) ab. Sie stellten fest, dass "da Cox-2 nicht vom normalen colorektalen Epithel exprimiert wird, jedoch stark von colorektalen Tumoren (...), Anandamid das Potenzial zu einem wirksamen Mittel bei colorektalem Krebs hat". (Quelle: Patsos HA, et al. Int J Oncol 2010;37(1):187-93.)

Wissenschaft — Nahrungsaufnahme

Grundlagenforschung an der UniversitĂ€t von Manchester (Großbritannien) zeigt, dass das Peptid Haemopressin die Nahrungsaufnahme bei Ratten und MĂ€usen reduziert. Diese Wirkung war durch einen Antagonismus am CB1-Rezeptor vermittelt. Die Wissenschaftler spekulieren, "dass Haemopressin als ein endogener funktioneller Antagonist am CB1-Rezeptor fungiert und die AktivitĂ€t der Appetit-Signalwege im Gehirn moduliert". (Quelle: Dodd GT, et al. J Neurosci 2010;30(21):7369-76.)

Wissenschaft — Neuropathische Schmerzen

Forscher an der UniversitĂ€t von Frankfurt (Deutschland) untersuchten die Wirkungsweise von R-Flurbiprofen bei neuropathischen Schmerzen. Sie fanden heraus, dass diese Substanz das Enzym FettsĂ€ureamidhydrolase (FAAH), das fĂŒr den Abbau von Anandamid verantwortlich ist, hemmte. Sie folgerten, dass R-Flurbiprofen "die endogenen Mechanismen zur Wiedererlangung der StabilitĂ€t nach axonaler Verletzung verbessert und chronische neuropathische Schmerzen durch Modulierung des Endocannabinoidsystems verhindert". (Quelle: Bishay P, et al. PLoS One 2010;5(5):e10628.)