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IACM-Informationen vom 8. Juli 2006

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Wissenschaft — THC gegen Gehirntumor in klinischer Pilotstudie getestet

Ergebnisse einer klinischen Studie mit THC bei neun Patienten mit Gehirnskrebs, die in einem Krankenhaus auf Teneriffa, Spanien, durchgeführt worden war, wurden im British Journal of Cancer veröffentlicht. Die Patienten litten an einem Glioblastom, einem sehr aggressiven Hirntumor und waren erfolglos mit einer Standardtherapie (Operation und Strahlentherapie) behandelt worden. Die mediane Überlebenszeit nach der THC-Behandlung betrug 24 Wochen. Zwei Patienten überlebten nahezu ein Jahr.

THC wurde über einen kleinen Katheter, dessen Spitze bei einer Operation in den Tumor gelegt worden war, direkt in den Tumor verabreicht. Die anfängliche THC-Dosis betrug 20 bis 40 Mikrogramm, was auf 80 bis 180 Mikrogramm pro Tag gesteigert wurde. Die Patienten wurden 10 bis 64 Tage behandelt. Die Behandlung wurde von allen Patienten gut vertragen.

Die Tumoren der neun Patienten exprimierten unterschiedliche Mengen an CB1- und CB2-Rezeptoren, es gab jedoch keine Korrelation zwischen der Rezeptorexpression und dem Überleben. Wegen des Studiendesigns war es nicht möglich, die Wirkung von THC auf das Überleben zu bestimmen. Dies hätte eine Kontrollgruppe verlangt, die nicht oder mit einer anderen Therapie behandelt worden wäre. Ein Vergleich mit der Überlebenszeit in Pilotstudien mit anderen Medikamenten legt nahe, dass THC in dieser Studie für die Patienten von Nutzen war. Die Wissenschaftler stellten fest, dass THC zumindest "nicht das Tumorwachstum erleichterte und das Überleben der Patienten nicht verminderte". Sie schlagen weitere Studien mit Cannabinoiden bei diesem und anderen Arten von Tumoren entweder allein oder in Kombination mit anderen Medikamenten vor.

(Quelle: Guzman M, Duarte MJ, Blazquez C, Ravina J, Rosa MC, Galve-Roperh I, Sanchez C, Velasco G, Gonzalez-Feria L. A pilot clinical study of Delta(9)-tetrahydrocannabinol in patients with recurrent glioblastoma multiforme. Br J Cancer, 27. Juni 2006 [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck])

Deutschland — Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte stellt an Patienten unrealistisch hohe Anforderungen für die Genehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat den Antragstellern auf eine Erlaubnis zur Verwendung von Cannabis zu medizinischen Zwecken am 5. Juli ein gleich lautendes Schreiben geschickt, in dem das Institut um weitere Angaben und Unterlagen bittet. Unter Verweis auf Paragraphen des Betäubungsmittelgesetzes werden von den Patienten Voraussetzungen erwartet, wie sie allenfalls von Apotheken oder pharmazeutischen Unternehmen erfüllt werden können.

So wird eine Aufbewahrung des Cannabis in Panzerschränken oder Räumen aus Stahlbeton und ein Nachweis über eine Sachkenntnis im Umgang mit Betäubungsmitteln verlangt. Sofern beabsichtigt sei, Cannabis zu importieren, so weist das BfArM darauf hin, dass für jede einzelne Einfuhr eine separate Importgenehmigung erforderlich sei. Es wird um eine Stellungnahme bis zum 31. August oder um eine Bitte um Fristverlängerung gebeten.

Der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin, Dr. Franjo Grotenhermen, weist darauf hin, dass in Kanada und in den Staaten der USA, in denen die medizinische Verwendung von Cannabis erlaubt ist, an die Patienten nicht solche Forderungen gestellt werden. Auch Patienten, denen in Deutschland Opiate verschrieben werden, dürfen eine Ration, die drei Monate reicht, ohne besondere Vorkehrungsmaßnahmen zu Hause aufbewahren. "Das Institut versucht auch nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes aus dem Jahre 2005 mit allen Mitteln zu verhindern, dass Patienten einen legalen Zugang zur medizinischen Verwendung von Cannabis erhalten," erklärte er. "Die Forderungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte widersprechen dem Geist des Gerichtsurteils." Das Bundesverwaltungsgericht hatte in seinem Urteil vom 19. Mai 2005 darauf hingewiesen, dass das Bundesinstitut "insbesondere bei Cannabis" eine Erlaubnis zum Eigenanbau durch Patienten in Erwägung ziehen solle.

Die ACM bittet Apotheker, die bereit sind, Cannabis zu importieren und/oder zu lagern, und Ärzte, die bereit sind, ihren Patienten Cannabis zu empfehlen, sich bei der ACM zu melden (Telefon: 02247-968084, E-Mail: info@cannabis-med.org).

Das Schreiben des BfArM kann aus dem Internet unter der folgenden Adresse herunter geladen werden: www.cannabis-med.org/german/bfarm2006.pdf

Kurzmeldungen

Wissenschaft — ICRS-Kongress 2006

Der diesjährige Kongress der ICRS (Internationale Forschungsgesellschaft für Cannabinoide) fand am 25. bis 28. Juni am Balaton-See in Ungarn statt. In diesem Jahr wird das Buch mit dem Kurzfassungen aller Vorträge und Poster in Kürze auf der Webseite (www.cannabinoidsociety.org)frei verfügbar gemacht.

USA — Repräsentantenhaus

Das Repräsentantenhaus stimmte am 28. Juni dafür, dem Bund weiterhin die Strafverfolgung von Patienten, die in Staaten, die das erlauben, Cannabis zu medizinischen Zwecken verwenden, zu erlauben. Mit 259 zu 163 Stimmen stimmte das Repräsentantenhaus gegen eine Vorlage, die das Justizministerium daran gehindert hätte, Menschen in 11 Staaten mit solchen medizinischen Cannabisgesetzen zu verfolgen. (Quelle: Associated Press vom 28. Juni 2006)

USA — Medizinische Cannabispatienten

Während der Vierten Nationalen Klinischen Konferenz zu Cannabistherapeutika, die vom 6. - 8. April in Santa Barbara, Kalifornien, stattfand, wurde bekannt gegeben, dass sich die Zahl der Patienten die medizinischen Cannabis von der Bundesregierung erhalten, auf fünf Überlebende reduziert hat. Im Jahre 1978 begann die Bundesregierung mit einem speziellen Programm, nach dem mehrere Patienten Zugang zu medizinischen Cannabis erhalten hatten. Dieses Programm wurde durch die Regierung in den frühen neunziger Jahren beendet. Die bereits aufgenommenen Patienten erhielten jedoch weiterhin Cannabis von der Bundesregierung. (Quelle: Pressemitteilung von Patients out of Time vom 26. Juni 2006)