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IACM-Informationen vom 8. November 2003

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Wissenschaft — Große britische Studie zeigt, dass Cannabis Symptome der multiplen Sklerose reduziert

Die größte Studie zur Verwendung von Cannabis und THC (Dronabinol) zur Linderung von Multiple-Sklerose-Symptomen ergab gemischte Ergebnisse. Ärzte sagen jedoch, dass es genug Beweise gibt, die eine Lizenzierung für die Therapie der Erkrankung rechtfertigen.

Obwohl es keine objektiven Beweise gab, dass Cannabis die durch die Erkrankung verursachte Spastik oder Muskelsteifheit linderte, gaben die Patienten Verbesserungen bei der Schmerzlinderung und Steifheit an. Auch die Mobilität wurde verbessert.

657 Patienten mit stabiler MS und Muskelspastik erhielten entweder einen kapsulierten Cannabis-Extrakt, THC oder ein Placebo. Die Cannabiskapseln enthielten 2,5 mg THC und 1,25 Cannabidiol (CBD). Die Studie dauerte 15 Wochen. Sie begann mit einer 5-wöchigen Dosisfindungs-Phase. Während dieser Zeit wurden die Patienten gebeten, ihre Dosis von einer Kapsel zweimal am Tag bis zu einer maximalen täglichen Dosis von 10 – 25 mg THC (abhängig vom Körpergewicht) zu steigern. Wenn Nebenwirkungen auftraten, sollten sie die Dosis nicht weiter steigern.

Die Medikation wurde im Allgemeinen gut toleriert. Es gab keinen objektiven Hinweis, nach dem die Spastik, gemessen mit der Spastik-Skala nach Ashworth, gebessert wurde. Allerdings gab es einen Trend zu einer leichten Verbesserung unter Cannabis bzw. THC, mit einer mittleren Reduzierung der Ashworth-Punktzahl für Cannabis um 0,32 und für THC um 0,42 verglichen mit Placebo. Es gab Hinweise auf Behandlungseffekte bei einigen subjektiven Symptomen. 61 bzw. 60 Prozent der Patienten, die Cannabis bzw. THC erhielten, berichteten von einer Verbesserung der Spastik, gegenüber 46 Prozent unter Placebo. Die entsprechenden Zahlen für die Schmerzintensität waren 42, 35 bzw. 26 Prozent. Es gab zudem Hinweise auf eine Verbesserung der Gehfähigkeit durch Cannabis und THC bei mobilen Patienten.

"Es gibt einiges an Positivem und einiges an Negativem. Ich denke, dass es insgesamt ausreichende Beweise gibt, um damit zu den Lizenz- und Regulierungsbehörden zu gehen," erklärte Dr. John Zajicek, Leiter der Studie, gegenüber Reuters. Er sagte weiter, dass die Forschung Fragen aufwirft, was wichtiger ist, die ärztliche Beurteilung oder die Patientenperspektive.

"Ich denke, dass wenn es einen Konflikt gibt, dass es wichtig ist, was der Patient fühlt. Daher denke ich, dass es sehr ermutigend ist," erklärte Dr. Roger Pertwee, Professor für Neuropharmakologie an der Universität von Aberdeen, der nicht an der Studie beteiligt war, gegenüber Associated Press.

Eine Erklärung für die gemischten Ergebnisse könnte darin bestehen, dass die Ashworth-Skala nicht ausreichend empfindlich für die Entdeckung von Veränderungen ist, die für Patienten von Bedeutung sind. "Das ist sehr weit entfernt vom täglichen Leben. Ein Bein von jemandem auf und ab zu bewegen, wenn er flach auf einem Tisch liegt, ist nicht leicht übertragbar in das, was passiert, wenn sie aufstehen und versuchen, herumzugehen und Hausarbeiten oder etwas anderes zu machen," sagte Dr. Alan Thompson, Professor für Neurologie aus London.

(Quellen: Zajicek J, Fox P, Sanders H, Wright D, Vickery J, Nunn A, Thompson A, on behalf of the UK MS Research Group. Cannabinoids for treatment of spasticity and other symptoms related to multiple sclerosis (CAMS study): multicentre randomised placebo-controlled trial. Lancet 2003; 362(9385): 1517-1526. Reuters vom 7. November 2003, Associated Press vom 6. November 2003)

USA — Für Ärzte bleibt es schwierig, ihren Patienten Cannabis zu empfehlen

Für Ärzte, die die Verwendung von medizinischem Marihuana mit ihren Patienten diskutieren wollen, bleibt die Linie zwischen Rat und Empfehlung ungefähr so unklar wie vor der jüngsten Gerichtsentscheidung, die den Ärzten das Recht zugestand, das Thema offen zu diskutieren.

Viele Ärzte sind erleichtert, dass der oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten am 14. Oktober die Entscheidung eines niedrigeren Gerichts bestehen ließ, die die Bundesregierung daran hinderte, Ärzte zu bestrafen, die ihre Patienten darauf hinwiesen, dass Marihuana einige Symptome lindern könnte. Aber die Entscheidung bestätigt im Wesentlichen das Recht der Regierung, Ärzte zur Rechenschaft zu ziehen, wenn sie tatsächlich Schritte ergreifen, um Patienten bei der Erlangung von Marihuana zu helfen. In diesem Fall ließ das Gericht die Möglichkeit offen, dass Ärzte nach den Bundesdrogengesetzen angeklagt werden können.

"Das Urteil sagt, dass es in Ordnung und angemessen ist, mit Patienten über medizinisches Marihuana zu sprechen, und ich kann sogar sagen, 'Ich denke, Sie können davon profitieren,' " erklärte Dr. Steve O'Brien vom einem Aids-Zentrum in Oakland, Kalifornien. "Aber bedeutet das, dass ich nun das Formular eines medizinischen Cannabis-Klubs ausfüllen oder auf einem Rezeptblock schreiben kann: 'Ich empfehle Marihuana'?"

(Quelle: New York Times vom 28. Oktober 2003)

Kurzmeldungen

USA — Kalifornien

Gouverneur Gray Davis hat ein umstrittenes medizinisches Marihuana-Gesetz unterzeichnet, das am 1. Januar 2004 in Kraft treten wird. Das neue Gesetz bietet vertrauliche Ausweiskarten mit Fotos auf einer freiwilligen Basis an, um Patienten zu dokumentieren, die registriert und geschützt sind. Aber wenn Kalifornien auch gelobt hat, die Identität von Besitzern medizinischer Marihuana-Ausweiskarten zu schützen, sind viele Patienten besorgt, dass die Bundesdrogenfahnder jede Liste, die sie in die Hände bekommen, beschlagnahmen und sie als Hit-Liste für Verhaftungen verwenden werden. (Quelle: Los Angeles Daily Journal vom 6. November 2003)

Wissenschaft — Angst

Die pharmakologische Blockade des Enzyms FAAH, das für den Abbau des Endocannabinoids Anandamid verantwortlich ist, verursacht Angst lösende Wirkungen. Die FAAH-Blockierung führt zu einer erhöhten Anandamid-Konzentration. Diese Befunde legen nahe, dass Anandamid zur Regulierung von Emotionen und Angst beiträgt, und dass FAAH (Fettsäure-Amid-Hydrolase) der Angriffspunkt für eine neue Klasse von Angst lösenden Medikamenten sein könnte. (Quelle: Gaetani S, et al. Trends Mol Med 2003;9(11):474-8)

Wissenschaft — Schmerzen

THC in einer Dosis von 5 mg war nicht wirksam bei der Reduzierung postoperativer Schmerzen. 40 Frauen, die operiert worden waren, erhielten entweder 5 mg THC oder ein Placebo, wenn die Patienten eine weitere Schmerzlinderung am zweiten Tag nach der Operation wünschten. Es gab keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Substanzen. Wie bereits in früheren Studien gezeigt worden war, sind 5 mg THC im Allgemeinen eine unwirksame Dosis für die Behandlung von Schmerzen. (Quelle: Buggy DJ, et al. Pain 2003;106(1-2):169-72)

Kanada — GW und Bayer

GW Pharmaceuticals und Bayer HealthCare von Kanada kündigten eine Vermarktungsvereinbarung an, um Sativex, GWs Cannabis-Extrakt auf den kanadischen Markt zu bringen. (Quelle: Canada NewsWire vom 6. November 2003)

Wissenschaft — Schizophrenie

Holländische Gesundheitswissenschaftler sind nun der Ansicht, dass es "konvergierende Beweise" gibt, die zeigen, dass die Verwendung von Cannabis ein Risikofaktor für die Schizophrenie ist. Forscher vom niederländischen Institut für seelische Gesundheit und Abhängigkeit warnen, dass Cannabis das Risiko für die Entwicklung einer Schizophrenie ungefähr verdopple. Die Forscher ziehen ihre Schlussfolgerungen aus einer Übersicht von fünf Längsschnittstudien, die jüngst in vier medizinischen Zeitschriften veröffentlicht worden waren. Sie akzeptieren, dass diese epidemiologischen Studien keinen vollständigen Beweis liefern, da es andere darunter liegende soziale oder biologische Faktoren für diese Risikozunahme geben könne. (Quelle: Sheldon T. BMJ 2003;327(7423):1070)

Wissenschaft — Glaukom

Beim Glaukom ist die erhöhte Freisetzung von Glutamat die wichtigste Ursache für den Tod von Nervenzellen der Netzhaut. In dieser Studie wurde gezeigt, dass Glutamat Apoptosen (programmierten Zelltod) von Netzhaut-Nervenzellen über die exzessive Bildung von Peroxynitrit verursacht, und dass die Nerven schützende Wirkung von THC und Cannabidiol (CBD) über die Hemmung der Peroxynitrit-Bildung vermittelt wird. (Quelle: El-Remessy AB, et al. Am J Pathol 2003;163(5):1997-2008)