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ACM-Mitteilungen vom 1. Mai 2021

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Liebe Leserin, lieber Leser,

vor den kommenden Bundestagswahlen im Herbst dieses Jahres legen namhafte Experten und Politiker ein Positionspapier zur aktuellen Situation bei der medizinischen Verwendung von cannabisbasierten Medikamenten in Deutschland vor. Darin werden konkrete Forderungen für notwendige Verbesserungen formuliert. Noch immer erhalten viele Patientinnen Patienten nicht ihr benötigtes Medikament, sodass sie entweder nicht ausreichend behandelt werden oder weiterhin auf den Schwarzmarkt ausweichen müssen. Auch im Vergleich zu vielen anderen Ländern hinkt Deutschland hinterher. Diese Beschreibung der aktuellen Situation wird durch jüngste Forschung an der Universität Frankfurt bestätigt. Das Positionspapier bietet dazu konkrete Lösungen.

Wir wollen dieses Positionspapier nutzen, um das Thema Cannabis als Medizin zu einem Wahlkampfthema zu machen. Wir erwarten und hoffen, dass möglichst viele Kandidaten für den neuen Deutschen Bundestag klar Position für Verbesserungen bei der medizinischen Versorgung mit cannabisbasierten Medikamenten in Deutschland und gegen die anhaltende Kriminalisierung von Patienten beziehen.

Kürzlich hat der Bundesgerichtshof seine Begründung zu einem Urteil zum Verkauf von CBD-reichem Faserhanf veröffentlicht. Darin wird drauf hingewiesen, dass alle Produkte aus Hanf in Deutschland formal als Betäubungsmittel gelten. Andererseits mache es aber auch wenig Sinn, Kleidung oder Papier aus Hanf, Lebensmittel und Kosmetika als Betäubungsmittel zu behandeln. Dies darf man als deutlichen Hinweis auf einen entsprechenden Handlungsbedarf des Gesetzgebers verstehen.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Experten und Politiker drängen auf Verbesserungen bei Cannabis als Medizin in Deutschland

Experten aus Medizin und Suchtforschung sowie Mitglieder des Deutschen Bundestags von FDP, SPD, Grünen und Linken fordern deutliche Erleichterungen bei der Behandlung mit Cannabis und Cannabinoiden in Deutschland. In einem gemeinsamen Positionspapier stellen sie fest: „Nach wie vor haben zahlreiche Patient*innen keinen legalen Zugang zu einer Behandlung mit Cannabis-basierten Medikamenten, selbst wenn hierfür ärztlicherseits eine Indikation gestellt wurde. Mehr noch: diese Patient*innen werden auch heute noch kriminalisiert, wenn sie die einzige, ihnen offen stehende Alternative einer Selbsttherapie mit Straßencannabis wählen.“

Der Text analysiert die Stärken und Schwächen des bisherigen Gesetzes zu Cannabis als Medizin aus dem Jahr 2017 und stellt fest: „Mehr als 4 Jahre nach Inkrafttreten des „Cannabis-als-Medizin-Gesetzes“ fällt eine Bilanz gemischt aus. Neben den unstrittigen, zahlreichen positiven Entwicklungen sind verschiedene vom Gesetzgeber 2017 beabsichtigte Veränderungen nach wie vor nicht eingetreten.“

Problembereiche umfassen unter anderen hohe Kosten für Medizinalcannabisblüten, Regressdrohungen gegen Ärztinnen und Ärzte, sodass viele vor einer Verordnung zulasten der gesetzlichen Krankenkassen zurückschrecken, hohe Ablehnungsquoten bei einem Antrag auf Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen sowie kaum öffentlich geförderte Forschung, obwohl die limitierte klinische Forschungslage bei vielen Indikationen allgemein bemängelt wird.

„All diese Missstände führen dazu, dass in Deutschland im Vergleich zu vielen anderen Ländern sowohl die absolute Zahl derjenigen Patient*innen, die legalen Zugang zu Cannabis-basierten Medikamenten haben, gering ist, als auch die Entwicklung in den letzten Jahren deutlich langsamer verlaufen ist.“

Konkrete Forderungen

– Die Abgabepreise für Cannabisblüten in Apotheken müssen deutlich gesenkt werden. Als Vorbild könnte der in Schleswig-Holstein gewählte Weg dienen. Von der 2019 getroffenen gesetzlichen Regelung zur Kostensenkung profitieren aktuell einseitig die Krankenkassen, nicht aber die selbstzahlenden Patient*innen.

– Der Genehmigungsvorbehalt der Krankenkassen muss abgeschafft werden, damit die Therapiehoheit in den Händen der behandelnden Ärzt*innen bleibt und die Behandlungsindikation nicht länger von Sozialfachangestellten der Krankenkassen oder Gutachter*innen des MDK gestellt wird.

– Regressdrohungen gegenüber Ärzt*innen müssen beendet werden. Die Kassenärztliche Vereinigung in Baden-Württemberg hat hierfür einen Praxis tauglichen Weg aufgezeigt.

– Pharmaindustrie unabhängige Fortbildungen für Ärzt*innen zum Thema Cannabis als Medizin müssen verstärkt angeboten werden. Das Thema muss darüber hinaus fester Bestandteil der Lehre im Medizinstudium werden.

– Sucht- und andere psychiatrische Erkrankungen dürfen nicht länger pauschal als Kontraindikationen für eine Cannabis-basierte Therapie eingestuft werden, die praktisch ausnahmslos zur Ablehnung des Kostenübernahmeantrags führen.

– Patient*innen mit einer ärztlich bescheinigten Indikation für eine Cannabis-basierte Therapie dürfen nicht länger strafrechtlich verfolgt werden.

– Bei Bestehen einer ärztlich indizierten Cannabis-basierten Therapie müssen Patient*innen im Hinblick auf eine Teilnahme am Straßenverkehr genauso behandelt werden, wie Patient*innen, die andere Medikamente einnehmen.

– Die klinische Forschung zur Wirksamkeit Cannabis-basierter Medikamente ist von allgemeinem Interesse und muss daher durch den Bund gefördert und finanziert werden. Die Förderung durch die öffentliche Hand ist auch deshalb erforderlich, weil klinische Forschung pharmazeutischer Unternehmen immer auf ein konkretes Produkt abzielt, eine Einschränkung, die aus Sicht von Ärzt*innen und Patient*innen nicht sinnvoll ist.“

Autor*innen des Positionspapiers

– Prof. Dr. Heino Stöver, Professor für sozialwissenschaftliche Suchtforschung, Frankfurt University of Applied Sciences

– Dr. Ingo Ilja Michels, International Scientific Coordinator, SOLID Projekt, Frankfurt University of Applied Sciences

– Prof. Dr. Kirsten R. Müller-Vahl, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie, Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie, Medizinische Hochschule Hannover; Vorstandsvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V.

– Dr. Franjo Grotenhermen, Zentrum für Cannabismedizin, Steinheim; Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V.

Unterstützer*innen (in alphabetischer Reihenfolge)

– Burkhard Blienert, Mitglied des Deutschen Bundestags (2013-2017), ehemaliges Mitglied des Ausschusses für Gesundheit, Sprecher für Drogen/Sucht, SPD-Fraktion

– Dr. Knud Gastmeier, Palliativmediziner und Schmerztherapeut, Potsdam

– Dirk Heidenblut, Mitglied des Deutschen Bundestags, Mitglied des Ausschusses für Gesundheit, Sprecher für Drogen/Sucht, SPD-Fraktion

– Dr. Ellis Huber, ehemaliger Präsident der Ärztekammer Berlin

– Dr. Kirsten Kappert-Gonther, Mitglied des Deutschen Bundestags, Sprecherin für Drogenpolitik

Sprecherin für Gesundheitsförderung, Fraktion Bündnis90/Die Grünen

– Prof. Dr. Matthias Karst, Leiter Schmerzambulanz, Medizinische Hochschule Hannover

– Niema Movassat, Mitglied des Deutschen Bundestags, Sprecher für Drogenpolitik, Fraktion Die Linke

– Dr. Wieland Schinnenburg, Mitglied des Deutschen Bundestags, Sprecher für Drogenpolitik, FDP- Fraktion

Der vollständige Text des Positionspapiers erscheint in Kürze unter anderem in der Zeitschrift Suchtmedizin und auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM).

Ansprechpartner

Prof. Dr. Heino Stöver, Frankfurt University of Applied Sciences: hstoever@fb4.fra-uas.de

Interprofessionelle Fortbildung zu Cannabis als Medizin in der Schweiz

unter dem Titel Cannabis als Medikament «From plant to patient»“ führt die Schweizerische Gesellschaft für Cannabis in der Medizin (SGCM-SSCM) zusammen mit anderen Einrichtungen eine Fortbildungverstaltung durch.

Eine interprofessionelle Bildungsveranstaltung in 9 Video-Lektionen von Schweizer Expertinnen und Experten. In der eintägigen Online-Präsenzveranstaltung kommen auch der fachliche Austausch und die praktischen Fragen nicht zu kurz.

Datum

Videolektionen: 1. Mai bis 30. Juni 2021

Online Veranstaltung: 5. Juni 2021 (Präsenz erforderlich)

Zielpublikum

Ärztinnen und Ärzte

Apothekerinnen und Apotheker

Pflegefachpersonen

Physiotherapeutinnen und -therapeuten

andere Gesundheitsfachpersonen

Veranstalter

OST – Ostschweizer Fachhochschule, Departement Gesundheit, IPW Institut für Angewandte Pflegewissenschaft mit der Schweizerischen Gesellschaft für Cannabis in der Medizin SGCM-SSCM und dem Medical Cannabis Verein Schweiz - Medcan.

Arznei vom Schwarzmarkt: Forschung der Universität Frankfurt

Das Centre for Drug Research (CDR) der Goethe-Universität Frankfurt am Main führte im Zeitraum von 2018 bis 2019 zwei Erhebungen zur medizinischen Versorgung mit Cannabisprodukten durch. Die Ergebnisse wurden nun unter dem Titel „Arznei vom Schwarzmarkt: Dunkelfeldbefragung zur medizinischen Versorgung mit Cannabisprodukten in Frankfurt am Main““ veröffentlicht.

31 Personen, die Cannabis weit überwiegend aus medizinischen Gründen nutzen, sich aber teilweise oder komplett auf dem Schwarzmarkt mit der Substanz versorgen, wurden Ende 2018 in Frankfurt am Main qualitativ interviewt.

Um die Daten der Erhebung zu prüfen und zu ergänzen, schlossen die Wissenschaftler:innen eine bundesweite quantitative onlinegestützte Fragebogenerhebung für Cannabispatient:innen ohne Kostenübernahme an. Zielgruppe waren alle Konsumierenden über 18 Jahre, die entweder Erfahrungen bei der Selbstmedikation mit Cannabis ohne ärztliches Rezept gemacht haben oder Patient:innen, die zwar ein ärztliches Rezept hatten, ihre Krankenkassen aber die Kostenübernahme verweigerten. Durch den Fokus auf diese Zielgruppe sollte das Dunkelfeld der Selbstmedikation mit Cannabis vom Schwarzmarkt oder aus dem Eigenanbau und der Verschreibung auf Privatrezept erforscht werden. Die Untersuchung schließt ebenso die Vermischung von medizinisch begründetem Konsum und Freizeitkonsum ein, die bereits aus den qualitativen Interviews bekannt war.

In beiden Erhebungen kann weit überwiegend von einer deutlichen medizinischen Indikation für den Cannabiskonsum ausgegangen werden, wobei die Spannbreite an Symptomen und Wirkungen groß ist. In der Wahrnehmung vieler Betroffener haben aber unter anderem Vorurteile aus der Medizin eine angemessene, legale Medikation verhindert. Dies könnte damit zusammenhängen, dass viele Patient:innen auch die entspannende Wirkung von Cannabis befürworten, eine klare Trennung zwischen medizinischem und nicht-medizinischem Gebrauch somit nicht immer gezogen werden kann. Gleichzeitig haben Verbot und Stigmatisierung bei nicht wenigen, die Selbstmedikation betreiben, einen negativen Einfluss auf ihre gesundheitliche und soziale Situation. Dies betrifft unter anderem die wahrgenommene Ablehnung und teilweise offene Stigmatisierung seitens vieler Ärzt:innen, die dazu beiträgt, dass Betroffene ihre Selbstmedikation fortsetzen.

Insgesamt zeichnen sich drei Grundtypen von medizinisch Konsumierenden ab:

a) Personen mit schweren Erkrankungen, die auf beständige Medikation mit teils hohen täglichen Dosen angewiesen sind

b) unregelmäßig Konsumierende mit oft weniger schweren Erkrankungen

c) Grenzfälle zwischen medizinischem und Freizeitkonsum

Insbesondere Personen aus Typ a forderten eine einfachere Verschreibungspraxis mit Kostenübernahme ein, wogegen Personen der Typen b und c häufig bereit wären, weiterhin Selbstzahler:innen zu bleiben – sofern sich Verfügbarkeit und Preisniveau verbessern. Zudem wird ein Abbau bürokratischer Hürden für verschreibende Ärzt:innen und Patient:innen empfohlen sowie Aufklärungsarbeit, um entsprechende, offenbar tiefsitzende Vorurteile gegenüber Cannabismedikation abzubauen.

Bundesgerichtshof veröffentlicht Begründung zum Hanfblüten-Urteil

Der Bundesgerichtshof hat seine Begründung zum so genannten Hanfblüten-Urteil vom 24. März 2021 veröffentlicht (6 StR 240/20).

Hanfprodukte sind grundsätzlich Betäubungmittel

Einerseits weist der BGH darauf hin, dass grundsätzlich alle cannabishaltigen Produkte nach der gegenwärtigen Rechtslage Betäubungmittel sind, also auch solche, die aus medizinischer Sicht keine Betäubungsmittel sind, wie etwa Papier oder Lebensmittel aus Hanf.

„RN 21 Dies ergibt sich daraus, dass alle cannabishaltigen Produkte dem Grunde nach der Anlage I unterliegen. Weder kommt es auf den Wirkstoffgehalt an (Prinzip der „Positivliste“ – vgl. BayObLG, aaO, 271; OLG Nürnberg, aaO Rn. 12; MüKoStGB/Oglakcıoglu, aaO, § 29 Rn. 27; Weber, aaO, § 1 Rn. 14; Körner/Patzak/Volkmer, aaO, § 1 Rn. 20) noch auf den Verarbeitungsgrad, weshalb auch geringste Restsubstanzen Betäubungsmitteleigenschaft haben, selbst wenn sie in nichtkonsumfähigen Trägerstoffen enthalten sind (vgl. BayObLG, aaO; Weber, aaO, § 1 Rn. 15; Körner/Patzak/Volkmer, aaO). Dies bedeutet, dass auch als unbedenklich angesehene Produkte wie Papier, Textilien, Dämmmaterial (vgl. OLG Hamm, aaO, Rn. 44), Kosmetik (vgl. Verzehr keine psychotrope Wirkung hervorgerufen werden kann (vgl. Körner/Patzak/Volkmer, aaO, Textilien, Dämmmaterialien sowie Kosmetik und Lebensmittel sind laut BGH Betäubungsmittel, auch wenn eine Rauschwirkung völlig ausgeschlossen ist. Deutlicher kann man den rechtlichen Änderungsbedarf wohl nicht aufzeigen. Nutzhanf muss endlich aus dem Betäubungsmittelgesetz gestrichen werden!"

Das macht keinen Sinn

Andererseits zweifelt der Bundesgerichtshof die bisherige enge Auslegung des Gesetzes an. Schließlich wären danach auch Textilien aus Hanf und hanfhaltige Kosmetika Betäubungsmittel. Daraus ergibt sich logisch die Forderung, das Betäubungsmittelgesetz entsprechend zu ändern.

„RN20 (cc) Die Forderung, auch der Endabnehmer müsse gewerblich handeln, macht – jedenfalls objektiv – bereits den am Beginn einer Veräußerungskette stehenden Lieferanten von Nutzhanf für einen von ihm nicht bezweckten Konsum durch den Endabnehmer verantwortlich. Sie verkennt, dass mit dem Ausschluss jeder Art nichtgewerblichen Konsums für den erlaubten Verkehr mit cannabishaltigen Produkten kaum Anwendungsbereiche verblieben, und vereitelt damit den vom Verordnungsgeber verfolgten Zweck, eine umfassende wirtschaftliche Verwertung der Hanfpflanze zu ermöglichen (vgl. BR-Drucks. 899/95 S. 5). Denn jegliche Abgabe von Cannabisprodukten an Endabnehmer wäre ausgeschlossen, auch eine solche von Textilien oder hanfhaltigen Kosmetika (vgl. Kiefer, ZLR 2020, 158, 160).“

Presseschau: CBD-Unternehmen erhält Förderung des Wirtschaftsministeriums (Hanf Magazin)

Es ist selten genug. Ein Unternehmen, das auf die Extraktion von CBD und anderen Cannabisbestandteilen aus Nutzhanf spezialisiert ist, erhält öffentliche Forschungsgelder.

CBD-Unternehmen erhält Förderung des Wirtschaftsministeriums (Hanf Magazin)

Der berliner CBD-Hersteller Becanex erhält staatliche Forschungsgelder für die Entwicklung neuer Lebensmittelzusätze.

Das CBD-Unternehmen erhielt vom Zentralen Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) Fördergelder in Höhe von 227.000 Euro für Forschung und Produktentwicklung. Becanex ist spezialisiert auf die Extraktion von Cannabidiol und anderer Inhaltsstoffe aus Industriehanf. Mithilfe der Fördermittel will das Start-up eine cannabinoidhaltige Emulsion entwickeln, die sich stabil in der industriellen Lebensmittelproduktion verarbeiten lässt.

Die Nachfrage nach CBD-Wellnessprodukten ist groß. Die größte Herausforderung bestand bisher darin, dass CBD und andere Cannabinoide instabil und nicht wasserlöslich sind und die Produktentwicklung dadurch erheblich erschwert wird.

45 % des Projekts werden durch das ZIM gefördert

Da Unternehmen plant, die Entwicklung des neuen Verfahrens Ende 2022 abzuschließen. Das gesamte Projektvolumen beläuft sich auf 505.000 Euro. 45 % davon werden vom ZIM gefördert. Das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand ist ein bundesweites Förderungsprogramm des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWI), das die Entwicklung technischer Innovationen in Unternehmen unterstützt.

„Wir sind dankbar für die ZIM-Förderung. Sie zeigt, dass von Bundesseite reges Interesse an der Etablierung einer hiesigen Forschung zu Cannabinoiden und deren Anwendung besteht. Durch die Nutzung unserer patentierten One-Step Extraktionstechnologie können wir nun unseren technologischen Vorsprung bei der Extraktion auf die Produktentwicklung übertragen. Unser Ziel ist es, eine Emulsion herzustellen, die THC-frei ist, aber ansonsten alle Cannabinoide und Terpene enthält, die in der Hanfpflanze zu finden sind.“, erklärt Sebastian Kamphorst, Geschäftsführer und Gründer von Becanex, in einer Pressemitteilung.

Die Antragsstellung erfolgte im Rahmen des deutsch-kanadischen Netzwerkes Cannabis-Net, welches ebenfalls durch das BMWI gefördert wird. Das Netzwerkmanagement unterstützt die Unternehmen bei der Antragsstellung. Gleichzeitig findet eine enge Vernetzung mit anderen mittelständischen Unternehmen im Bereich Cannabis statt, um den Wissensaustausch zu fördern.

Presseschau: Hohe Hürden für Cannabis als Medikament (Süddeutscher Rundfunk)

Viele Kinder und Jugendliche werden nicht ausreichend mit Medikamenten auf Cannabisbasis versorgt. Darauf weist ein Beitrag des Süddeutschen Rundfunks hin. Professor Sven Gottschling von der Uniklinik Homburg beklagt darin den hohen bürokratischen Aufwand für Ärztinnen und Ärzte.

Hohe Hürden für Cannabis als Medikament

Seit 2017 sollte es leichter werden, Cannabis für medizinische Behandlungen zu bekommen. Bedingung dafür ist unter anderem eine Empfehlung und Begleitung der Therapie durch den behandelnden Arzt. Die Nachfrage steigt - aber bürokratische Hürden gibt es immer noch.

Vor rund vier Jahren ist die Abgabe von medizinischem Cannabis an Kranke im Saarland eigentlich per Gesetz erleichtert worden. Die Praxis sieht aber oft anders aus:

"Wir sehen einen irrsinnig hohen bürokratischen Aufwand für eine Therapie mit medizinischem Cannabis", sagt Professor Sven Gottschling, Leiter des Zentrums für Palliativmedizin und Kinderschmerztherapie an der Uniklinik Homburg. Die Anträge an die Krankenkassen seien aufwendig und zeitintensiv: "Viele Patientinnen und Patienten landen dann bei uns, weil ihre Hausärzte aufgegeben haben."

SCHWIERIGER FÜR JÜNGERE PATIENTEN

Vor allem für jüngere Patienten sei es sehr schwierig, einen Antrag auf die Cannabis-Behandlung bewilligt zu bekommen. In 30 bis 40 Prozent würde der Erstantrag von den Krankenkassen abgelehnt, schildert der Arzt seine Erfahrungen. Bei Kindern und Jugendlichen sei dieser Prozentsatz noch höher. Dann müsse Widerspruch eingelegt, ein Bericht angefertigt, Studien hervorgebracht werden - für Hausärzte ein schwer leistbarer Arbeitsaufwand, so Gottschling.

FÜR SCHMERZLINDERUNG EINGESETZT

Dabei könne eine Behandlung mit medizinischem Cannabis vielen Menschen Abhilfe bei ihren Beschwerden schaffen. Vor allem bei chronisch Kranken werde Cannabis eingesetzt, um Schmerzen zu lindern. Auch in der Palliativmedizin werde Cannabis zu diesem Zweck verwendet.

Bei zwei Dritteln der Patienten zeige Cannabis eine klinische Wirkeffektivität, so Gottschling. Und dabei sind die Nebenwirkungen vergleichsweise gering, wie mehrere Studien aus den vergangenen Jahren zeigen.

Seitdem das neue Gesetz 2017 den Zugang dazu erleichtert habe, sei die Zahl der Patienten deutlich gestiegen, sagt Professor Gottschling. Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) gingen im Rahmen der Dokumentationspflicht für Cannabis als Medikament im vierten Quartal 2020 insgesamt 61 entsprechende Behandlungen im Saarland aus den Abrechnungsdaten für Kassenpatienten hervor.

HOHE KOSTEN FÜR BEHANDLUNG

Der Bedarf sei allerdings vermutlich noch höher, so Gottschling. "Ein großes Hindernis für die Krankenkassen sind sicherlich auch die hohen Kosten der Behandlung", erklärt er. Im Durchschnitt sei mit 300 bis 500 Euro monatlich zu rechnen.

Da die Bewilligung auf Lebensdauer falle, sei dann gerade bei jungen Patientinnen und Patienten mit erheblichen Kosten für die Krankenkassen zu rechnen. Für Gottschling sollte das allerdings kein Argument gegen die Behandlung sein, wenn die medizinische Indikation dafür vorliege.

KRITIK AN UMGANG MIT CANNABIS

Auch die Grüne Jugend in Saarlouis hatte zuletzt ein Umdenken im Umgang mit Cannabis als Medizin gefordert. Ärzte, die Stadt und die Apotheken müssten offener mit Cannabis zur Behandlung umgehen - auch um den Cannabis-Schwarzmarkt gering zu halten. Um zu vermeiden, dass Cannabis illegal erworben werde, müsse das Mittel für die medizinische Behandlung zugänglich und ausreichend vorhanden sein.

Nach Angaben von Sven Gottschling kann grundsätzlich jede saarländische Apotheke Cannabis zur Behandlung anbieten. Die Apothekerkammer des Saarlandes betont außerdem, dass es selten Schwierigkeiten bei der Lieferung gebe. Die Bestellung laufe über Fachlieferanten ab, sagte Carsten Wohlfeil, Geschäftsführer der Kammer. Darüber, wie viele Apotheken im Saarland tatsächlich Cannabis anbieten, hat die Apothekerkammer allerdings keine Daten.

Einige Pressemeldungen der vergangenen Tage

Das kann Hanf als Medizin (Bild)

Oldenburger Ärztin verschreibt „Droge“ auf Rezept (Nordwest Zeitung)

Wirtschaft unterstützt Cannabis-Forschung der Oxford University (Forschung und Wissen)