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ACM-Mitteilungen vom 27. September 2008

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Freispruch für Patienten aus Nordrhein-Westfalen wegen rechtfertigenden Notstands; Krankenkasse übernimmt nun die Kosten für Dronabinol

Wie der Westfälischer Anzeiger am 22. August 2008 berichtete, wurde Mitte August ein Mann, der an einer schweren Erbkrankheit leidet, vom Amtsgericht Hamm vom Vorwurf des illegalen Besitzes von Betäubungsmitteln freigesprochen. Es ging um mehrere Kilogramm Cannabis, den der Angeklagte therapeutisch einsetzte, nachdem die Krankenkasse die Übernahme der Kosten einer Behandlung mit Dronabinol verweigert hatte. Später erklärte sich seine Krankenkasse, die TKK (Techniker Krankenkasse), nach einem Artikel im Westfälischen Anzeiger vom 1. September 2008 doch zur Übernahme der Therapiekosten bereit.

"Höchst bemerkenswerte Worte fielen vor einer Woche im Sitzungssaal des Hammer Amtsgerichts. 'Niemand, der bislang auf dieser Anklagenbank Platz genommen hatte, wurde nach der Sitzung von mir so geachtet wie Sie.' Worte, die der Vorsitzende Richter des Schöffengerichts aussprach, als ihm Markus Trampe gegenüber stand. Und fast schon sensationell war das Urteil, das damit einherging. Der 38-jährige Trampe wurde freigesprochen, obwohl er in seinem Garten an der Viktoriastraße Cannabispflanzen angebaut hatte und damit eindeutig als Drogenbesitzer im strafrechtlich relevanten Bereich überführt war. Doch die richterliche Einsicht, nichts Verwerfliches getan zu haben, nützt ihm gar nichts, solange seine Krankenkasse weiter mauert... Markus Trampe ist krank. Er leidet an der sehr seltenen Krankheit namens 'Hereditäre Motorisch-Sensible Neuropathie' (HMSN), Typ II. 'Ich werde als denkendes Stück Fleisch enden', beschreibt er sein trauriges Schicksal, das durch den allmählichen und immer weiter fortschreitenden Abbau seines Nervensystems vorbestimmt ist."

Mehr unter:

www.oulfa.fr/

"Na bitte, es geht doch. Knapp drei Wochen nach seinem sensationellen Freispruch vor dem Hammer Schöffengericht hat gestern auch die Techniker Krankenkasse (TKK) eingelenkt. Markus Trampe, der wie berichtet an der unheilbaren Krankheit 'HMSN, Typ II' leidet, erhält nun auch von der TKK das für ihn bitter nötige Medikament Dronabinol. 'Zunächst einmal für ein Jahr und unter der Bedingung, dass seine Ärztin einen regelmäßigen Bericht erstellt', freute sich auch sein Rechtsanwalt Dr. Michael von Glahn über die Entscheidung, die gestern schon einmal vorab per Telefon von der TKK verkündet wurde."

Mehr unter:

www.wa-online.de/

www.wa-online.de/(...)/(...)Krankenkasse_zahlt_nun_doch.html

(Quellen: Westfälischer Anzeiger vom 22. August und 1. September 2008)

Frag deinen Bundestagsabgeordneten und die Kanzlerin (III)

Die bisherigen Erfahrungen mit Fragen an Gesundheitspolitiker des Deutschen Bundestags zeigen, dass viele Bundestagsabgeordnete nicht gern öffentlich zu der Thematik Stellung beziehen, insbesondere wenn Sie die Anliegen der Patienten unterstützen. Es ist für viele Bundestagsabgeordnete der Regierungsfraktionen nicht unproblematisch öffentlich gegen die Positionen von Frau Eichhorn (CDU/CSU) oder Frau Bätzing (SPD) Stellung zu beziehen. Die Sympathie und Unterstützung für Patienten, die von Cannabis medizinisch profitieren, ist jedoch größer als gleich sichtbar und will geweckt werden. Die ACM wird wie immer jeden Wunsch nach Diskretion respektieren und möchte alle Leser ermuntern, weiterhin auch im eigenen Interesse Kontakt zu ihren Bundestagsabgeordneten aufzunehmen und um Unterstützung zu bitten.

Hier drei Beispiele für unterschiedliche Aktivitäten:

Laura Groß hat die vorgeschlagenen Fragen an die Bundestagsabgeordneten auf der Internetseite "Direkt zur Kanzlerin!" zur Abstimmung gebracht. Sie wurde bereits mit einer Unterstützung durch mehr als 600 Personen zur Beantwortung weitergeleitet. Alle Antworten werden im Auftrag der Bundeskanzlerin Angela Merkel vom Presse- und Informationsdienst der Bundesregierung verfasst.

www.direktzu.de

Manfred Renner hat sich in einer persönlichen E-Mail an Peter Friedrich (SPD) aus seinem Wahlkreis, der Mitglied des Gesundheitsausschusses ist, gewandt. Er erhielt daraufhin einen Anruf eines Mitarbeiters des Bundestagsabgeordneten, der ihm seine volle Unterstützung bei seinem Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung zur medizinischen Verwendung von Cannabis bei der Bundesopiumstelle zusicherte. Zudem wies er im Gespräch mehrfach daraufhin, dass Herr Friedrich Verständnis für die unbefriedigende Lage der betroffenen Patienten habe. Er erklärte auf eine entsprechende Frage ausdrücklich, dass diese Haltung des Bundestagsabgeordneten öffentlich bekannt gemacht werden könne. Der Mitarbeiter von Herrn Friedrich habe dann Kontakt mit dem Leiter der Bundesopiumstelle, Prof. Johannes Lütz, aufgenommen, wobei Prof. Lütz sich angeboten habe, dass Herr Renner sich im Vorfeld seiner Antragstellung gern direkt an ihn wenden könne.

Ingrid Sander richtete sich in einem offenen Brief an die gesundheitspolitischen Sprecher der fünf im Bundestag vertretenen Parteien. Darin heißt es: "Mit siebzig Jahren wird das Dasein zusehends beschwerlicher. Wen wundert's? Ich habe mein Leben trotz aller Schwierigkeiten gelebt und spüre nun, dass die Kräfte rapide nachlassen. Aber nicht nur die Kräfte ebben ab, die Schmerzen werden immer heftiger und penetranter. Auf der Suche nach Linderung habe ich etwas gefunden, das bei bestimmten Schmerzarten sehr gut hilft, - mit so gut wie keinen unerwünschten Nebenwirkungen. Und genau das ist verboten. (...) Im übertragenen Sinne komme ich mir vor wie ein geknebelter, mit Steinen beschwerter, mit Ketten gefesselter Schwerverbrecher, der ins Wasser geworfen wird, um sich frei zu schwimmen. Das machen Sie mir doch bitte einmal praktisch vor! Ich denke, dass sie überhaupt keine Ahnung davon haben, wie es jemandem zumute ist, der ständig unter starken bis unerträglichen Schmerzen leidet. (...) Und dann kommen Politiker/innen, die eigentlich meine Interessenvertreter, doch nicht meine Herren und Henkersknechte sein sollten, mit windigen Gesetzen und Verordnungen, die mir per Dekret verbieten, mich dieser Schmerzen - wie auch immer - zu entziehen. (...)"

(Quellen: Persönliche Mitteilungen von Laura Groß, Manfred Renner, Ingrid Sander und anderen Patienten)

Kölner Schüler sammeln Geld, damit ein ehemaliger Mitschüler mit Dronabinol behandelt werden kann

Wie der Kölner Stadtanzeiger am 19. September berichtete, setzen sich Schüler der Realschule Kerpen bei Köln dafür ein, dass ihr ehemaliger schwer erkrankter Mitschüler Stephan Thielen mit Dronabinol behandelt werden kann.

"Überraschenden Besuch gab es für Frank Graf, Service-Mitarbeiter in der DAK-Geschäftsstelle an der Kölner Straße: 25 Klassensprecher der Realschule Kerpen machten der Krankenkasse ihre Aufwartung, um gegen die Behandlung eines ehemaligen Schülers ihrer Schule zu protestieren. Der 32-jährige Stephan Thielen leidet unter der Friedreich'schen Ataxie mit Lähmungsskoliose - eine äußerst seltene, unheilbare Krankheit, die zu unerträglichen Schmerzen führt. Wie der 'Kölner Stadt-Anzeiger' im Februar berichtete, weigert sich die DAK als zuständige Krankenkasse die Kosten für das Schmerzmittel Dronabinol zu übernehmen, das aus Cannabisblüten gewonnen wird. Das Medikament sei für die Behandlung dieser Krankheit nicht zugelassen und dürfe deshalb nicht finanziert werden, heißt es zur Begründung. Es hilft aber in Kombination mit anderen Arzneien nach Auskunft von Stephan Thielen und seiner Familie. Auch sein Arzt empfiehlt 'dringend' die Therapie mit Dronabinol."

Mehr unter:

Kölner Stadtanzeiger vom 19. September 2008

Regressforderungen an Palliativmediziner durch die AOK Brandenburg

Die Ärzte Zeitung berichtete am 24. September 2008 unter dem Titel "Streit um Cannabinoid für Todkranke: Schmerztherapeut in Potsdam dringt auf Verordnung zu Lasten der Kassen / Anhörung im Gesundheitsministerium" über die Regressforderungen der AOK Brandenburg an Dr. Knud Gastmeier, der einigen seiner Patienten Dronabinol verordnet hatte, um ihren Appetit zu steigern.

"Kann ein Cannabinoid todkranken Patienten künstliche Ernährung ersparen? Diese Frage sorgt in Brandenburg seit Jahren für Diskussionen. Jetzt befasst sich auch das Bundesgesundheitsministerium damit. 'Dronabinol kann und muss meines Erachtens in indizierten Fällen vom Arzt im Rahmen der ärztlichen Therapiefreiheit verordnet werden. Es ist kein Wundermittel, aber es gibt todkranken Patienten die Möglichkeit eines selbstbestimmten, menschenwürdigen und mit Lebensqualität erfüllten Lebensendes.' Diese Auffassung vertritt der Potsdamer Anästhesist und Schmerztherapeut Dr. Knud Gastmeier. Das Rezepturarzneimittel Dronabinol hat sich seiner Meinung nach als wirksam gegen Appetitmangel bei Krebskranken insbesondere in der Terminalphase erwiesen. Doch es kann nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet werden. Deshalb kämpft Gastmeier seit Jahren mit den Krankenkassen um Kostenübernahmen für die Verordnungen. 'Einige Patienten erhalten zeitnah eine Kostenübernahmebestätigung oder eine rechtskräftige Entscheidung dagegen', so Gastmeier. Meist jedoch ist der Arzt nach Dronabinol-Verordnungen mit Regressforderungen der Kasse konfrontiert. Darin sieht Gastmeier den Grund dafür, dass nach Angaben der AOK Brandenburg kein einziger Palliativmediziner in Brandenburg Dronabinol verschreibt. 'Das ist aber bei der fehlenden Therapiealternative unärztlich', sagt der Schmerztherapeut. Zumindest ein Privatrezept müsste seiner Meinung nach dann ausgestellt werden.

Die AOK Brandenburg begründet die Ablehnung der Kostenübernahmeanträge damit, dass sie aufgrund der fehlenden Zulassung zur GKV-Verordnung gar nicht anders entscheiden könne. Es sei aber in der Tat 'eine berechtigte Frage, ob teure und belastende enterale Ernährung nötig ist, wenn prinzipiell eine Alternative bestehe', sagte der Sprecher der märkischen AOK Jörg Trinogga der 'Ärzte Zeitung'. Die Kasse vertritt jedoch die Auffassung, dass nicht sie diese Frage beantworten könne. Das sei Sache der Fachgesellschaften, der Politik und des Gemeinsamen Bundesausschusses. 'Uns ist daran gelegen, dass klargestellt wird, was für die GKV möglich ist. Aber bis dahin halten wir uns an die Spielregeln', so Trinogga. Am 15. Oktober steht die Verordnungsfähigkeit von Cannabinoiden in der Palliativmedizin auf der Tagesordnung einer Anhörung im Bundesgesundheitsministerium."

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Ärzte Zeitung vom 24. September 2008

Medienpreis für Artikel

Vor rund 200 geladenen Gästen fand am 17. September im Münchner Künstlerhaus die Verleihung des EXPOPHARM Medienpreis 2008 statt. In insgesamt vier Kategorien wurden die mit jeweils 5.000 Euro dotierten Preise für herausragende journalistische Arbeiten zum Thema: "Die Apotheke in der Gesellschaft" vergeben. Zusätzlich verlieh die EXPOPHARM in diesem Jahr einen Sonderpreis für eine besonders gelungene multimediale Aktion zur Förderung der Prävention.

Den EXPOPHARM Medienpreis in der Kategorie "Apotheke und Politik" erhielt der Journalist Steffen Kraft für seinen Artikel "Der Hanfkampf", der in der Berliner Tageszeitung "Der Tagesspiegel" veröffentlicht wurde. Kraft beschäftigt sich darin mit den gesellschaftspolitischen und rechtlichen Problemen, vor denen Patienten stehen, die aus medizinischen Gründen Cannabisprodukte benötigen. Im Mittelpunkt des Artikels stand das Schicksal dreier ACM-Mitglieder.

Mehr unter:

www.presseportal.de

www.expopharm-medienpreis.de

www.tagesspiegel.de/zeitung/Die-Dritte-Seite;art705,2411927

(Quellen: Persönliche Mitteilung von Steffen Kraft, ots vom 20. September 2008)