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ACM-Mitteilungen vom 14. Oktober 2023

Liebe Leserin, lieber Leser,

die ACM hat auf ihrer heutigen Mitgliederversammlung einen neuen Vorstand gewählt. Die langjährige Sprecherin des SCM (Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin), Gabriele Gebhardt, die seit 25 Jahren Mitglied im Vorstand war, ist ausgeschieden. Wir haben sie einstimmig zur Ehrenvorsitzenden der ACM gewählt, eine bisher einmalige Ehre. Frau Gebhardt hatte einen wesentlichen Anteil daran, dass cannabisbasierte Medikamente, inklusive Cannabisblüten und verschiedene Extrakte, seit 2017 in Deutschland verschreibungsfähig sind.

Offenbar aufgrund der dramatischen Ereignisse in Israel wurde die Behandlung des Cannabisgesetzes zur begrenzten Legalisierung für den Freizeitkonsum in dieser Woche nicht im Bundestag behandelt, sondern die Debatte wurde um eine Woche verschoben.

Es ist bezeichnend für den Umgang vieler Führerscheinstellen und MPU-Stellen mit dem Thema Cannabis als Medizin und Straßenverkehr, dass die Ärzte Zeitung eine Meldung veröffentlicht, die eigentlich eine Selbstständigkeit darstellt, nämlich dass Patienten, denen Cannabis als Medizin verschrieben wurde, auch am Straßenverkehr teilnehmen dürfen. Es ist ein Indiz dafür, dass in diesem Bereich einiges im Argen liegt.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Gabriele Gebhardt zur Ehrenvorsitzenden der ACM gewählt

Auf der Mitgliederversammlung der ACM am 14. Oktober 2023 wurde Gabriele Gebhardt zur Ehrenvorsitzenden der ACM gewählt. Frau Gebhardt ist aus gesundheitlichen Gründen aus dem Vorstand ausgeschieden. Sie war seit 25 Jahren Mitglied des Vorstandes. Sie hat das SCM (Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin), die weitaus größte Patientenorganisation zu Cannabis als Medizin in Deutschland und eine Arbeitsgruppe der ACM, aufgebaut und war seit vielen Jahren eine kluge und engagierte Sprecherin des SCM. Sie hat zum Abschied einen Pokal und ein Preisgeld von 1000 € erhalten.

Mitglieder des Vorstandes, die sie seit vielen Jahren kennen, haben ihre unschätzbaren Verdienste für die Entwicklungen in Deutschland hervorgehoben. Die Vorsitzende der ACM, Professorin Dr. Kirsten Müller-Vahl, hob ihre besonnene und sachliche Art hervor, durch die ihre Beiträge und ihre Arbeit im SCM und im Vorstand gekennzeichnet waren. Der Geschäftsführer der ACM, Dr. Franjo Grotenhermen betonte, dass sie seit 1999 dafür gekämpft hat, dass ihr Lebensgefährte, Michael Fischer, der an multipler Sklerose erkrankt ist, Cannabis für eigene medizinische Zwecke selbst anbauen darf. Am 6. April 2016 hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig endlich nach einem mehr als 15-jährigen Kampf entschieden, dass er Cannabis selbst anbauen darf. Davor war schon bekannt geworden, dass das Gericht vermutlich so entscheiden wird. Das war ein wichtiger Moment für die Entwicklung des Gesetzes aus 2017, da die Bundesregierung vermeiden wollte, dass nun viele Patienten sich das Recht auf den Eigenanbau von Cannabis erstreiten könnten. Es wurde daher ein Gesetz geschaffen, das die medizinische Verwendung von Cannabis legalisiert und Krankenkassen unter bestimmten Voraussetzungen verpflichtet, die Kosten einer solchen Therapie zu übernehmen. Die ACM und alle Patienten, die heute ganz selbstverständlich Cannabis legal zu medizinischen Zwecken verwenden dürfen, sind Gabi und Michael zu großem Dank verpflichtet und wünschen beiden alles Gute für die Zukunft!

In den Vorstand wurden am 14. Oktober 2023 gewählt:

– Professorin Dr. med. Kirsten Müller-Vahl, 1. Vorsitzende

– Dr. med. Franjo Grotenhermen, 2. Vorsitzender

– Gero Kohlhaas

– Dr. Dennis Stracke

– Rainer Thewes

– Max Plenert

Erstmals ist Max Plenert, neben Gero Kohlhaas einer der Sprecher des SCM, in den Vorstand gewählt worden. Die anderen 5 Vorstandsmitglieder wurden wiedergewählt. Max Plenert und Gero Kohlhaas hatten bereits vor einiger Zeit das Amt der SCM-Sprecher von Gabriele Gebhardt übernommen.

Presseschau: Lauterbach erwartet bessere Prävention durch Aufklärung nach Cannabisfreigabe (Deutsches Ärzteblatt)

Ein wichtiges Thema im Rahmen der Legalisierung ist die bessere Prävention und Aufklärung über Cannabis. Eine Entdämonisierung der Droge erleichtert vermutlich einen sachlichen Umgang und ein Gespräch über mögliche Risiken, insbesondere für Kinder und Jugendliche.

Lauterbach erwartet bessere Prävention durch Aufklärung nach Cannabisfreigabe

Berlin – Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erwartet durch die kontrollierte Freigabe von Cannabis als Genussmittel neue Möglichkeiten zur Suchthilfe und -prävention sowie der ge­sellschaftlichen Aufklärung zum Umgang mit Cannabis. Das erklärte er gestern bei einer Diskussionsrunde des Bundesgesundheitsministeriums (BMG).

„Im Laufe des nächsten Jahres“ werde der Freizeitkonsum von Cannabis legal werden, hatte er erklärt. Bisher war von einem Inkrafttreten des Gesetzes um die Jahreswende ausgegangen worden, die für den morgigen Freitag angesetzte erste Lesung des Gesetzentwurfs war aber aufgrund der weltpolitischen Lage kurzfristig auf die kommende Woche verschoben worden. Von weiteren Verzögerungen sei jedoch nicht auszugehen, hieß es.

Lauterbach hatte seine Pläne gegenüber Suchttherapieexperten sowie Vertretern von Lehrer- und Elternschaft verteidigt. Er erklärte, sein Ansatz sei, einen vernünftigen Mittelweg zu finden, der einen sicheren Konsum ermögliche, ohne dabei zu einer gesellschaftlichen Glorifizierung des Cannabiskonsums zu führen.

Unter anderem wies er Kritik an der Ausgestaltung des Konzepts der Anbauvereinigungen zurück. Anders als in Coffeeshops, wie sie in den Niederlanden üblich seien, sollten sie als reine Abgabestellen für das von den Mitgliedern angebaute Cannabis dienen. Der Konsum in den Räumlichkeiten solle verboten bleiben. „Das ist wenig sexy, aber es funktioniert“, betonte er.

Kein holländisches Modell

„Was wir nicht wollten, war ein holländisches Modell“, erklärte Lauterbach. „Die holländische Legalisierung verbindet das Schlechteste aus beiden Welten und ist gescheitert.“ Die kommerzielle Ausrichtung des dorti­gen Cannabismarkts habe zu einer Reihe von Problemen wie Drogentourismus und einer faktischen Stärkung illegaler Strukturen geführt, die es in Deutschland zu vermeiden gelte.

Stattdessen solle es den Menschen, die ohnehin Cannabis konsumierten, ermöglicht werden, auf Sicherheit und Qualität zu achten. Gleichzeitig sollten sie durch vermehrte Hilfsangebote angeregt werden, ihren eige­nen Konsum zu reflektieren. „Wir zielen auf den Korridor der Vernunft“, sagte Lauterbach.

Er sei überzeugt, dass die kontrollierte Freigabe eine offenere gesellschaftliche Debatte und einen verant­wortungsvolleren Umgang als bisher ermöglichen werde. „Wenn es aus der Tabuzone herauskommt, schadet die Diskussion dem Produkt“, zeigte er sich überzeugt. „Wenn das Gesetz zwei Jahre in Kraft ist, weiß wirklich jeder über die Gefahren Bescheid.“

Eva Hoch, wissenschaftliche Leiterin des Instituts für Therapieforschung, unterstützte diese Annahmen. Mit Blick auf die Erfahrungen aus Staaten wie Kanada oder die US-Bundesstaaten, die den Freizeitkonsum von Cannabis legalisiert haben, sei zwar zu erwarten, dass es zu einem leichten Anstieg des Konsums bei Erwach­senen kommt, sagte sie. Bei Jugendlichen und Kindern sei auf Basis der vorliegenden Daten jedoch nicht da­von auszugehen.

In den vergangenen Jahren habe die Zahl der Hilfesuchenden stark zugenommen, Cannabis sei mittlerweile die größte Substanzgruppe unter den hilfesuchenden Abhängigen, hatte Andreas Gantner betont, der die Berliner Suchthilfeeinrichtung Therapieladen leitet.

Kein durchdachtes Gesetz

„Das hat uns gezeigt, dass die Prohibition nicht dazu beigetragen hat, dass weniger Schäden entstehen. Es muss sich nun zeigen, ob weitere Schäden hinzukommen, und da kommt es darauf an, wie wir die Freigabe regulieren“, erklärte er. „Das wird die große Herausforderung sein.“

Genau dabei gebe es aber noch große Defizite, erwiderte der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Sebastian Düll: „Ich mache mir schlichtweg Sorgen und ich habe nicht das Gefühl, dass das ein durchdachtes Gesetz ist, bei dem man sich zuerst Gedanken macht, wie man die Jugendlichen erreicht, und dann die Freigabe angeht.“

Aufklärung und Prävention würden zu einem großen Teil auf den Schultern der Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen lasten, dabei hätten die weder die personellen noch die finanziellen Kapazitäten dafür. „Wenn wir glauben, dass wir durch eine Freigabe bessere Prävention gewährleisten können, habe ich große Zweifel“, unterstrich er.

Lauterbach betonte demgegenüber, dass der Bundeshaushalt bereits finanzielle Mittel für neue Präventions­angebote beinhalte, fertige Konzepte aber noch nicht ausgearbeitet werden könnten, solange das Gesetz nicht verabschiedet wurde.

Denn die Länder müssten dazu einen großen Teil beitragen, obwohl sich einige von ihnen – allen voran Bayern – bisher gegen die Freigabe stemmten. „Wenn die Länder dieses Gesetz noch in Teilen ablehnen, kann ich mich mit diesen Ländern nicht hinsetzen und schon Präventionskonzepte machen zu einem Gesetz, das sie nicht wollen“, erklärte er.

Die Erfahrung zeige aber, dass die Länder, wenn Gesetz erst einmal verabschiedet ist, trotz ihrer vorherigen Ablehnung konstruktiv mitarbeiten würden: „Wenn dann die Würfel gefallen sind, raufen sich Bund und Länder auch zusammen und setzen das gemeinsam um. Dann haben wir auch gute Präventionskonzepte.“

Presseschau: Ärztlich verordnet: Kein Bußgeld für Autofahrt nach Cannabiskonsum (Ärzte Zeitung)

Nach § 24a Straßenverkehrsgesetz ist die Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von Drogen verboten. Dies gilt aber nicht, wenn eine „bestimmungsgemäße Einnahme“ nach Verschreibung durch einen Arzt vorliegt. Die Erfahrung der vergangenen Jahre und auch das hier vorgestellte Beispiel in der Ärzte Zeitung zeigen, dass Patienten, die Cannabis aus medizinischen Gründen vom Arzt verschrieben bekommen, von vielen Führerscheinstellen und Begutachtungsstellen (MPU-Stellen) wesentlich strenger behandelt werden als Patienten, die beispielsweise Opiate gegen ihre  Schmerzen erhalten.

Ärztlich verordnet: Kein Bußgeld für Autofahrt nach Cannabiskonsum

Ist Cannabis ärztlich verordnet worden und hält sich der Patient an die Anweisungen zur Einnahme, droht ihm kein Bußgeld, wenn die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt ist.

Ist das ärztlich verordnete Cannabis nicht missbräuchlich oder überdosiert und entsprechend der ärztlichen Anweisung eingenommen worden, kann für das anschließende Fahren eines Kraftfahrzeugs kein Bußgeld verhängt werden, hat das OLG Zweibrücken entschieden.

Zweibrücken. Autofahrer müssen wegen des Konsums von ärztlich verschriebenem Cannabis nicht unbedingt ein Bußgeld oder gar Fahrverbot fürchten. Ist das ärztlich verordnete Arzneimittel nicht missbräuchlich oder überdosiert und entsprechend der ärztlichen Anweisung eingenommen worden, kann für das anschließende Fahren eines Kraftfahrzeugs kein Bußgeld verhängt werden, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss.

Im konkreten Fall ging es um einen Autofahrer, der von seinem Arzt wegen einer depressiven Störung, einer posttraumatischen Belastungsstörung und Schlafproblemen Cannabis verschrieben bekommen hatte. Laut Attest durfte er bis zu einem Gramm Cannabis pro Tag konsumieren. Zwischen Konsum und dem Fahren eines Fahrzeugs müssen danach drei Stunden vergehen. Dem Arzt zufolge ist bei stabiler Dosierung die Fahrtüchtigkeit nicht eingeschränkt.

1.000 Euro Bußgeld und Fahrverbot verhängt

Als der Mann am 30. März 2021 in einer Verkehrskontrolle kam, wurde bei ihm 27 Nanogramm pro Milliliter des Cannabis-Wirkstoffs THC festgestellt. Er hatte drei Stunden zuvor Cannabis konsumiert. Gegen ihn wurde ein Bußgeld von 1.000 Euro sowie ein einmonatiges Fahrverbot verhängt. Das Amtsgericht sprach ihn dagegen frei.

Zu Recht, entschied auch das OLG. Der Betroffene habe sich genau an die ärztliche Verordnung gehalten und sei erst drei Stunden nach dem Cannabiskonsum ins Auto gestiegen. Ordnungswidrig sei dies nicht gewesen. Eine missbräuchliche Verwendung des Arzneimittels oder eine Überdosierung habe nicht vorgelegen. Zwar handele nach dem Straßenverkehrsgesetz ein Fahrer ordnungswidrig, wenn er unter Wirkung eines berauschenden Mittels im Straßenverkehr ein Kraftfahrzeug führt. Dies gelte aber nicht, wenn wegen eines konkreten Krankheitsfalls ein ärztlich verschriebenes Arzneimittel bestimmungsgemäß eingenommen wurde und keine Fahrbeeinträchtigung vorlag.

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