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IACM-Informationen vom 18. Juni 2011

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Wissenschaft — THC verbessert Fahrtüchtigkeit bei einem Patienten mit Tourette-Syndrom

Ärzte der Ludwig-Maximilians-Universität in München und des Inn-Salzach-Klinikums (Deutschland) stellten den Fall eines 42-jährigen LKW-Fahrers mit Tourette-Syndrom seit seinem 6. Lebensjahr vor. Er litt an einer Vielzahl von Tics und wiederholtem Aufstehen und Hinsetzen. Meistens litt er zudem an Zwangsgedanken. Alle üblichen Medikamente für Tic-Störungen hatten sich als unwirksam herausgestellt. Nach einer zweiwöchigen Behandlung mit ansteigenden THC-Dosen (bis zu 15 mg täglich) waren die Tics erheblich reduziert.

Da der Patient täglich am Straßenverkehr teilnehmen können muss, wurde seine Fahrtüchtigkeit mit computergestützten Tests untersucht, nach den deutschen Richtlinien für die Verkehrssicherheit. Sowohl in der medikamentenfreien Phase als auch unter der Therapie mit THC erreichte er die Kriterien nach den deutschen Vorschriften in allen untersuchten Bereichen (visuelle Wahrnehmung, Reaktionszeit, Konzentration und Stress-Toleranz). Im Vergleich mit der medikamentenfreien Phase gab es unter der Behandlung mit THC eine deutliche Verbesserung der Konzentration und der visuellen Wahrnehmung.

(Quelle: Brunnauer A, Segmiller FM, Volkamer T, Laux G, Müller N, Dehning S. Cannabinoids improve driving ability in a Tourette's patient. Psychiatry Res, 9. Juni 2011 [im Druck])

Kurzmeldungen

Ein norwegischer Bürger, der an einer posttraumatischen Stressstörung und einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leidet, darf Cannabis des niederländischen Unternehmens Bedrocan aus einer holländischen Apotheke nach Norwegen importieren. Der Cannabis war im März von der Grenzpolizei konfisziert worden. Allerdings hat die Polizei den Fall von Svein Berg nun geschlossen, da er in Übereinstimmung mit Artikel 75 des Schengen-Abkommens handelte. Herr Berg kann nun Cannabis für einen Monat für seinen persönlichen Bedarf aus den Niederlanden importieren. (Quelle: Persönliche Mitteilung durch Herrn Berg)

Die Gesundheitsbehörden von Dänemark haben den Cannabisextrakt Sativex zur Therapie der Spastik bei multipler Sklerose, die nicht adäquat auf andere anti-spastische Medikamente angesprochen haben, zugelassen. Das Produkt, das bereits in Großbritannien und Spanien verfügbar ist, wird vermutlich im Juli auf den Markt kommen. Zusätzlich zu Deutschland und Dänemark wird auch für Schweden eine Markteinführung vor Ende 2011 erwartet. Markteinführungen in Italien, der Tschechischen Republik und Österreich werden für 2012 erwartet. (Quelle: Pressemitteilung von GW Pharmaceuticals und Almirall vom 8. Juni 2011)

USA — Washington

Medizinische Cannabispatienten können ihren Arbeitsplatz im Staat Washington verlieren, auch wenn sie die Droge nur außerhalb ihrer Arbeitsstelle verwenden. Dies urteilte der oberste Gerichtshof von Washington am 9. Juni. Er stellte fest, dass unabhängig von der Absicht der Wähler jeder Cannabiskonsum für medizinische Zwecke weiterhin eine Straftat nach den Bundesgesetzen darstelle und es der öffentlichen Politik widerspreche, Arbeitgeber zu zwingen, kriminelle Aktivitäten zu tolerieren. (Quelle: Reuters vom 11. Juni 2011)

USA — Cannabisverteilungsstellen

Am 12. Juni unterzeichnete Gouverneur Peter Shumlin ein Gesetz, das die Einrichtung von vier medizinischen Cannabisverteilungsstellen in Vermont erlaubt. Es gibt nun acht Staaten, die Verteilungsstellen für Cannabis zu medizinischen Zwecken erlauben (Arizona, Colorado, Delaware, Maine, New Jersey, Neumexiko, Rhode Island, Vermont). (Quelle: Rutland Herald vom 3. Juni 2011)

Wissenschaft — Morbus Huntington

Spanische Forscher untersuchten die Wirkungen von Cannabisextrakten mit variierenden CBD- und THC-Gehalten in einem Rattenmodell für die Huntington-Krankheit. Die Extrakte waren nervenschützend, und diese Wirkung wurde nicht durch Cannabinoidrezeptoren vermittelt. Die Autoren gehen davon aus, dass die nützlichen Wirkungen auf anti-oxidativen Eigenschaften beruhen. (Quelle: Sagredo O, et al. J Neurosci Res, 14. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Transplantation

Nach Forschung an der Universität von South Carolina (USA) reduzierte THC die so genannte Graft-versus-Host-Reaktion in einem Mausmodell für die Transplantation von Blutzellen, die bei bösartigen Bluterkrankungen verwendet wird. Die Graft-versus-Host-Reaktion ist durch einen Angriff von T-Zellen des Spenders auf Gewebe des Empfängers charakterisiert, was eine schwerwiegende Nebenwirkung der Behandlung darstellt. Die Wissenschaftler folgerten, dass ihre "Ergebnisse zum ersten Mal zeigen, dass eine Einwirkung auf Cannabinoidrezeptoren eine neue Behandlungsmöglichkeit gegen die akute Graft-versus-Host-Reaktion darstellt". (Quelle: Pandey R, et al. J Pharmacol Exp Ther, 14. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Impulsives Verhalten

Nach einer Gruppe spanischer Forscher reduzierte die Aktivierung des CB2-Rezeptors impulsives Verhalten bei Mäusen. Sie schlagen vor, dass "der CB2-Rezeptor eine wichtige Rolle bei der Regulierung impulsiven Verhaltens spielen könnte und als ein viel versprechender therapeutischer Angriffspunkt bei der Behandlung von Erkrankungen mit Störungen der Impulskontrolle betrachtet werden sollte". (Quelle: Navarrete F, et al. Br J Pharmacol, 15. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Multiple Sklerose

Nach Wissenschaftlern der Universität von Kopenhagen (Dänemark) verursachte die Behandlung mit einem synthetischen Cannabinoid (WIN55,212-2) Nervenschutz in einem Rattenmodell für multiple Sklerose. Dies war assoziiert mit einer reduzierten Entzündungsaktivität und einer Reduzierung entzündungsfördernder Zytokine, wie Interleukin-2, Interleukin-6 und Interleukin-10. Sie stellten fest, dass ihre "Studie impliziert, dass eine langzeitige, niedrigdosige Cannabinoidgabe an Multiple-Sklerose-Patienten zu einem gewissen Grad an Nervenschutz führen und so die Atrophie im Zusammenhang mit der Erkrankung verzögern könnte". (Quelle: Hasseldam H, et al. Int J Neurosci, 15. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Cannabismissbrauch

Kanadische Wissenschaftler führten eine doppelblinde, placebo- und kreuzkontrollierte Studie mit Cannabiskonsumenten durch, die zu verschiedenen Zeiten jeweils eine einzige Dosis von entweder THC (20 und 40 mg) oder des Cannabisextrakts Sativex (mit 10,8 mg, 21,6 mg und 43,2 mg THC) oder Placebo erhielten. Danach war die Gabe von Sativex im Vergleich mit THC mit etwas geringeren subjektiven und kognitiven Effekten assoziiert. Die Forscher folgerten, dass Sativex "ein ähnliches oder etwas geringeres Missbrauchspotential als Dronabinol besitzt". (Quelle: Schoedel KA, et al. Hum Psychopharmacol, 13. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Aids

Nach Forschung an der Dankook-Universität (Südkorea) mit Nervenzellen einer bestimmten Gehirnregion (Hippocampus) beugte das synthetische Cannabinoid WIN 55,212-2 einer synaptischen Schädigung der Zellen vor. Die Wissenschaftler folgerten, dass "diese Ergebnisse zeigen, dass Cannabinoide der Beeinträchtigung der Netzwerkfunktion vorbeugen" und ein therapeutisches Potenzial bei der HIV-assoziierten Demenz haben könnten. (Quelle: Kim HJ, et al. Mol Pharmacol, 13. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Cannabidiol

Nach Forschung an der Universität von Sydney (Australien) erhöhte eine Vorbehandlung mit CBD die THC-Wirkungen bei Ratten. Sowohl bei einer akuten als auch bei einer chronischen Gabe erhöhte eine Vorbehandlung mit CBD die THC-Spiegel im Blut und Gehirn. Die Forscher folgerten, dass "CBD die psychoaktiven und physiologischen Wirkungen von THC bei Ratten steigern kann, wahrscheinlich durch eine Verzögerung des Metabolismus und der Elimination von THC". Im Gegensatz dazu reduziert die gleichzeitige Gabe von CBD die psychoaktiven CBD-Wirkungen. (Quelle: Klein C, et al. Psychopharmacology (Berl), Kinsey SG, et al. J Pharmacol Exp Ther, 11. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Magenblutung

Nach Forschung an der Virginia-Commonwealth-Universität (USA) beugte THC der durch Diclofenac, einem nicht-steroidalen Entzündungshemmer, verursachten Magenblutung bei Mäusen vor. Magenblutungen sind häufige Nebenwirkungen einer langzeitigen Gabe dieser Medikamente. Die THC-Wirkung wurde durch den CB1-Rezeptor vermittelt. (Quelle: Kinsey SG, et al. J Pharmacol Exp Ther, 9. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Leberzirrhose

Das wichtigste zelluläre Ereignis bei der Entwicklung und beim Fortschreiten einer Leberzirrhose ist die Aktivierung von Kupffer-Sternzellen der Leber. Forscher an der Mount Sinai School of Medicine in New York (USA) zeigten, dass Cannabidiol (CBD) selektiv den Tod dieser aktivierten Leberzellen induzierte, und dass es "eine potentielle therapeutische Substanz für die Behandlung der Leberfibrose darstellt". (Quelle: Lim MP, et al. Cell Death Dis 2011;2:e170.)

Wissenschaft — Hirnschaden

Nach einer Gruppe spanischer Forscher reduzierte Cannabidiol (CBD) den Hirnschaden aufgrund einer reduzierten Blutversorgung bei neugeborenen Schweinen. Drei Tage nach der akuten Ischämie hatten sich die Gehirne nicht behandelter Tiere auf 43 Prozent der normalen Gehirnaktivität erholt, während sich Gehirne von mit CBD behandelten Schweinen auf 87 Prozent erholt hatten. (Quelle: Lafuente H, et al. Pediatr Res, 7. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Osteoporose

Nach Forschung an der Universität von Aberdeen (Großbritannien) aktivieren Cannabinoide im Zellexperiment menschliche Osteoklasten (Fresszellen in den Knochen). Es gibt eine dynamische Regulierung der Expression von CB2-Rezeptoren und der Produktion von Endocannabinoiden während der Differenzierung menschlicher Knochenzellen. (Quelle: Whyte LS, et al. Br J Pharmacol, 7. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Glaukom

Forscher an der Universität von Mississippi (USA) verbesserten die Löslichkeit von Delta-8-THC und seine Durchdringung der Hornhaut des Auges durch eine Zugabe von Zyklodextrinen. Sie folgerten, dass "lokale ophtalmische Zubereitungen mit THC und modifizierten Beta-Zyklodextrinen eine deutlich verbesserte okulare Bioverfügbarkeit zeigen könnten". (Quelle: Hippalgaonkar K, et al. AAPS PharmSciTech, 3. Juni 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Schizophrenie

Forscher der Charite in Berlin (Deutschland) untersuchten die Wirkungen eines chronischen Cannabiskonsums auf die kognitive Leistungsfähigkeit bei schizophrenen Patienten und gesunden Probanden. Sie verglichen 27 chronische Cannabiskonsumenten mit Schizophrenie, 32 Cannabiskonsumenten ohne Schizophrenie, 26 Patienten mit Schizophrenie und 34 gesunde Kontrollpersonen ohne chronischen Drogenkonsum. Gesunde Cannabiskonsumenten zeigten eine reduzierte neurokognitive Leistungsfähigkeit. Im Gegensatz dazu zeigten Cannabis konsumierende schizophrene Patienten eine verbesserte Leistungsfähigkeit im Vergleich mit schizophrenen Patienten ohne Cannabiskonsum. (Quelle: Rentzsch J, et al. Schizophr Res, 28. Mai 2011 [im Druck])