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IACM-Informationen vom 12. März 2011

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Wissenschaft — Cannabisextrakt verbesserte Symptome bei Patienten mit therapieresistenter Spastik bei multipler Sklerose

Die Wirkungen des Cannabisextrakts Sativex wurden in einer großen Phase-III-Studie, die in mehreren europäischen Ländern bei Patienten mit therapierefraktärer Spastik aufgrund einer multiplen Sklerose durchgeführt wurde, untersucht. Die Studie bestand aus zwei Phasen. In den ersten vier Wochen wurden die Teilnehmer einfach-blind mit dem Cannabisextrakt behandelt, und anschließend nahmen alle, die eine Verbesserung der Spastik um 20 Prozent oder mehr erreichten, an einer 12-wöchigen randomisierten, doppelblinden, plazebokontrollieren Phase teil. Die Ergebnisse waren bereits am 11. März 2009 durch den Hersteller von Sativex, das britische Unternehmen GW Pharmaceuticals, und danach in den IACM-Informationen veröffentlicht worden.

Von den 572 aufgenommenen Personen erzielten 272 nach vier Wochen eine Verbesserung um mindestens 20 Prozent, und 241 wurden randomisiert. Es gab einen hoch signifikanten Unterschied zu Gunsten von Sativex bei der Reduzierung der Spastik. Zudem gab es einen signifikanten Unterschied zum Placebo bei der Spasmen-Häufigkeit, beim Schlaf sowie beim allgemeinen Eindruck der Veränderung durch Patienten und Ärzte. Die Forscher folgerten, dass das verwendete Studiendesign eine Methode zur Bestimmung der Wirksamkeit und Sicherheit "auf eine Art und Weise, die mehr der vorgeschlagenen klinischen Praxis entspricht, liefert, indem es die Exposition auf Patienten begrenzt, die wahrscheinlich davon profitieren".

(Quelle: Novotna A, Mares J, Ratcliffe S, Novakova I, Vachova M, Zapletalova O, Gasperini C, Pozzilli C, Cefaro L, Comi G, Rossi P, Ambler Z, Stelmasiak Z, Erdmann A, Montalban X, Klimek A, Davies P; the Sativex Spasticity Study Group. A randomized, double-blind, placebo-controlled, parallel-group, enriched-design study of nabiximols* (Sativex(®) ), as add-on therapy, in subjects with refractory spasticity caused by multiple sclerosis. Eur J Neurol, 1. März 2011 [im Druck])

Ein norwegischer Bürger, der an einer posttraumatischen Stressstörung und einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) leidet, versuchte Cannabis des Unternehmens Bedrocan aus einer niederländischen Apotheke nach Norwegen zu importieren. Der Cannabis wurde allerdings von der Polizei beschlagnahmt. Svein Arne Berg wollte eine Behandlung mit Cannabis ausprobieren, was von seinem Arzt unterstützt wird.

Nach einer E-Mail an die IACM erhielt Herr Berg einen Brief von einem Rechtsberater des Gesundheitsministeriums, in dem es heißt, dass die norwegische Drogenbehörde ihm bestätigt hat, dass er nicht das Gesetz gebrochen habe, als er Cannabis aus einer niederländischen Apotheke nach Norwegen brachte, in Übereinstimmung mit Artikel 75 des Schengen-Abkommens zwischen europäischen Ländern. Herr Berg erwartet nun, dass er seinen Cannabis von der Polizei zurück erhält.

(Quelle: Persönliche Mitteilung von Svein Arne Berg vom 2. März 2011)

Wissenschaft — THC nützlich bei der Behandlung von Kindern mit Spastik, Schmerzen und Krebs nach Fallberichten einer Universitätsklinik

Nach Fallberichten des Zentrums für Palliativmedizin und Kinderschmerztherapie der Universität des Saarlandes (Deutschland) ist THC (Dronabinol) ein wirksames und gut verträgliches Medikament bei der Behandlung verschiedener schwerer Erkrankungen im Kindesalter. Ein Wissenschaftler der Universität berichtete von Erfahrungen bei der Behandlung von 13 Kindern mit schwerster Behinderung und Spastik im Alter von 7 Monaten bis 17 Jahren sowie von mehr als 50 onkologischen Patienten im Alter ab 3 Monaten.

Alle Kinder erhielten eine einschleichende Dosierung. Die mittlere Dronabinoldosis habe bei den Kindern mit Spastik und Schmerzen nach der Einschleichphase 0,2 mg/kg Körpergewicht betragen. Bei allen Kindern sei eine zum Teil deutliche Verminderung der Schmerzen, oft schon innerhalb der ersten 48 Stunden nach Therapiebeginn eingetreten. Die Wirksamkeit im Hinblick auf die Spastik stellte sich innerhalb von ein bis zwei Wochen ein. Bei einigen Kindern konnte die Medikation mit Opiaten reduziert werden. Die meisten Krebspatienten profitierten von einer Steigerung des Appetits und des Gewichts, einer Reduzierung von Übelkeit und Erbrechen sowie einer Verbesserung des Schlafes und einer Reduzierung der Angst. Auch bei der Langzeitanwendung seien keine relevanten Nebenwirkungen aufgetreten.

(Quelle: Gottschling S. Cannabinoide bei Kindern. Angewandte Schmerztherapie und Palliativmedizin 2011;(1):55-57.)

Kurzmeldungen

USA — Synthetische Cannabinoide

Die US-amerikanische Drogenbehörde DEA erklärte am 1. März, dass es ihre Berechtigung zu einer Dringlichkeitsumstufung nutzen werde, um fünf synthetische Cannabinoide (JWH-018, JWH-073, JWH-200,CP-47,497 und Cannabicyclohexanol), die in Produkten wie Spice verwendet werden, zu kontrollieren. Die zeitlich begrenzte Umstufungsaktion bleibt für mindestens ein Jahr in Kraft, in der die DEA und das Bundesgesundheitsministerium weiter untersuchen wollen, ob diese Substanzen auf Dauer verboten werden sollte. (Quelle: UPI vom 1. März 2011)

Holland — Cannabis-Klubs

Die Stadt Utrecht möchte, dass Cannabiskonsumenten ihren eigenen Cannabis in einer Kooperative anbauen. Es wäre allerdings illegal, erklärte die Regierung. Die Verwendung von Cannabis ist legal, aber der Massenanbau von Cannabispflanzen ist illegal und wird von kriminellen Gruppen kontrolliert. "Wir wollen dieses Experiment angehen. Wenn man einige Konsumenten hat, die Cannabis anbauen, so wird er von der kriminellen und illegalen Szene entfernt", erklärte ein Vertreter der Stadt. (Quelle: Reuters vom 11. März 2011)

USA — Legalisierung

Eine Umfrage durch das Pew Research Center for the People and the Press zeigt, dass die Unterstützung für die Legalisierung von Cannabis im vergangenen Jahr erneut zugenommen hat. Nach der Umfrage, die am 3. März veröffentlicht wurde, sind die Wähler hinsichtlich der Frage, ob der Konsum von Cannabis legal sein sollte oder nicht, geteilter Meinung. Die Hälfte (50 Prozent) sind gegen eine Legalisierung, während nahezu ebenso viele (45 Prozent) eine Legalisierung von Cannabis befürworten. Die Unterstützung für die Legalisierung von Cannabis hat seit März 2010 um vier Prozent zugenommen und nahm in den vergangenen 40 Jahren kontinuierlich zu. Die Unterstützung für die Legalisierung von Cannabis war nie höher. (Quelle: Pew Research Center for the People and the Press vom 3. März 2011)

Die nepalesischen Behörden haben den Verkauf von Cannabis während eines populären Hindu-Festivals, bei dem heilige Männer traditionellerweise die Droge rauchen und sie mit anderen teilen, verboten. Etwa 500.000 Personen nahmen an dem Festival am 2. März in Katmandu am bedeutendsten Hindu-Schrein in Nepal teil. Tausende heiliger Männer reisen jedes Jahr vom benachbarten Indien zum Festival, das das Ende des Winters markiert. Der Höhepunkt ist ein Leuchtfeuer bei Nacht, in der die Anhänger Cannabis rauchen. (Quelle: Associated Press vom 3. März 2011)

Wissenschaft — Cannabis und Straßenverkehr

Das Vorkommen von Drogen wurde bei 1714 verletzten Autofahrern, die in Krankenhäuser gebracht wurden, von Forschern der Monash-Universität in Victoria (Australien) untersucht. Alkohol über 0,1 Promille wurde bei 29 Prozent der Fahrer nachgewiesen. Die Häufigkeit von THC betrug 9,8 Prozent, von denen 70 Prozent eine Blutkonzentration von 10 ng/ml oder mehr aufwiesen. Antidepressiva wurden bei 9,3 Prozent und Benzodiazepine bei 8,9 Prozent nachgewiesen. (Quelle: Drummer OH, et al. Forensic Sci Int, 4. März 2011 [im Druck])

Holland — Coffee-Shops

Forscher an der Universität von Utrecht (Niederlande) untersuchten die Wirkungen des Coffee-Shop-Systems in den Niederlanden. Die Politik gegenüber den Coffee-Shops ist in den letzten Jahren restriktiver geworden und die Zahl der Coffee-Shops hat abgenommen. Die Häufigkeit der Cannabisverwendung in der erwachsenen Bevölkerung liegt etwas unter dem europäischen Durchschnitt, die Häufigkeit ist bei Jugendlichen relativ hoch, und das Alter beim Erstkonsum scheint niedrig zu sein. Verglichen mit anderen europäischen Ländern liegt die Verwendung harter Drogen sowohl bei holländischen Erwachsenen als auch bei Jugendlichen im mittleren bis niedrigeren Bereich. (Quelle: Monshouwer K, et al. Drug Alcohol Rev 2011;30(2):148-56.)

Wissenschaft — Psychosen

Eine prospektive bevölkerungsbasierte Kohortenstudie wurde in Deutschland durchgeführt. Sie umfasste 1923 Personen aus der Allgemeinbevölkerung in einem Alter von 14 bis 24 Jahren bei Beginn der Untersuchung. Sie wurden zehn Jahre lang begleitet. Bei Personen, die keine psychotischen Symptome während ihres Lebens und ebenfalls keinen Cannabiskonsum zu Beginn der Studie aufwiesen, erhöhte späterer Cannabiskonsum das Risiko für psychotische Symptome. Das Risiko verdoppelte sich (angepasstes Odds Ratio: 1,9). Zudem erhöhte anhaltender Cannabiskonsum das Risiko für anhaltende psychotische Symptome. Die Forscher folgerten, dass "Cannabiskonsum ein Risikofaktor für die Entwicklung psychotischer Symptome darstellt". (Quelle: Kuepper R, et al. BMJ. 2011;342:d738.)

Wissenschaft — Verletzung der Leber

Nach Forschung am Nationalen Institut für Alkoholmissbrauch und Alkoholismus in Bethesda (USA) reduziert Cannabidiol (CBD) die Konsequenzen einer reduzierten Blutversorgung der Leber in einem Mausmodell für Ischämie-Verletzung der Leber. Die Blutversorgung der Leber wurde dazu unterbrochen und dann wieder hergestellt. CBD reduzierte signifikant das Ausmaß der Leberentzündung und des Zelltods. Diese Wirkung wurde nicht durch Cannabinoidrezeptoren vermittelt. (Quelle: Mukhopadhyay P, et al. Free Radic Biol Med, 26. Februar 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Erhöhter Blutdruck

Nach einer Studie an der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore (USA) führte ein abruptes Einstellen des Cannabiskonsums zu einer signifikanten Zunahme des Blutdrucks. Die Teilnehmer waren 13 gewohnheitsmäßige Cannabiskonsumenten. Bei 6 von ihnen war die Zunahme des Blutdrucks substanziell mit mittleren Zunamen von bis zu 23 mmHg beim systolischen Blutdruck. Die Herzfrequenz nahm während der Abstinenz ebenfalls zu, aber dieser Effekt war klinisch nicht bedeutsam. (Quelle: Vandrey R, et al. J Addict Med 2011;5(1):16-20.)

Wissenschaft — Herzinfarkt

Wissenschaftler der Hasselt-Universität in Diepenbeek (Belgien) verfassten eine Literaturübersicht zu den Auslösern eines Herzinfarkts (Myokardinfarkt). Die häufigsten Faktoren waren Straßenverkehr (7,4 Prozent), körperliche Anstrengung (6,2 Prozent), Alkohol (5 Prozent), Kaffee (5 Prozent), Luftverschmutzung (4,8 Prozent), negative Emotionen (3,9 Prozent), Ärger (3,1 Prozent), schwere Mahlzeiten (2,7 Prozent), positive Emotionen (2,4 Prozent), sexuelle Aktivität (2,2 Prozent), Kokainkonsum (0,9 Prozent), Cannabiskonsum (0,8 Prozent) und Atemwegsinfektionen (0,6 Prozent). (Quelle: Nawrot TS, et al. Lancet 2011;377(9767):732-40.)

Wissenschaft — Alzheimer-Krankheit

Nach Forschung am Cajal-Institut in Madrid (Spanien) war Cannabidiol (CBD) in der Lage, die Funktion der Mikroglia, Immunzellen im Gehirn, in einem Mausmodell für den Morbus Alzheimer zu verändern. Die Wissenschaftler stellten fest, dass "es angesichts der fehlenden Psychoaktivität von CBD eine neue therapeutische Herangehensweise für diese neurologische Erkrankung darstellen könnte". (Quelle: Martin-Moreno AM, et al. Mol Pharmacol, 24. Februar 2011 [im Druck])

Wissenschaft — Sport

US-Wissenschaftler untersuchten die Hypothese, dass Sport von mäßig starker Intensität die Motivation für die Reduzierung des Cannabiskonsums bei 146 jungen erwachsenen aktuellen Cannabiskonsumenten reduzieren könnte. Sport war mit einer Motivation zur Konsum-Reduzierung assoziiert. Sie stellten fest, dass "diese Befunde frühere Arbeiten ergänzen und Unterstützung für den möglichen Nutzen aerobischen Sportes mäßig starker Intensität bei der Behandlung von Marihuanakonsum-Problemen liefert". (Quelle: Smits JA, et al. Am J Addict 2011;20(2):113-9.)