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IACM-Informationen vom 24. November 2001

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Kanada — Diskussion ĂŒber das Gesetz zur medizinischen Verwendung von Cannabis

Die kanadische Gesellschaft zum Schutz der Ärzte (CMPA, Canadian Medical Protective Association) hat Gesundheitsminister Allan Rock geschrieben, dass die Regelungen, nach denen Patienten seit Juli 2001 Zugang zu Cannabis bekommen können, den Ärzten eine unfaire Verantwortung zuweisen.

"Die CMPA ist der Ansicht, dass die medizinischen Bescheinigungen, die nach den Regelungen erforderlich sind, den Ärzten eine nicht akzeptable BĂŒrde auflasten, sich hinsichtlich der Wirksamkeit von medizinischem Marihuana in jedem einzelnen Fall zu informieren, wie auch hinsichtlich des relativen Risikos und Nutzens der Droge und der richtigen Dosis," erklĂ€rte Dr. John Gray von der Gesellschaft in seinem Brief. "Diese Information ist einfach nicht verfĂŒgbar."

Andere Kanadier drĂŒcken ihre Auffassung aus, dass die Regelungen zu streng sind. Rechtsanwalt John Conroy, der in viele FĂ€lle um die medizinische Verwendung von Cannabis involviert war, nannte die Kriterien fĂŒr die medizinische Verwendung von Cannabis "absurd" und erklĂ€rte, die Regelungen machten es Menschen, die an gesundheitlichen Problemen leiden zu schwer, die Droge legal zu verwenden. Viele Patienten mĂŒssten kĂ€mpfen, um das zu bekommen, was er als grundlegendes Recht betrachtet, nĂ€mlich Zugang zur Medizin der eigenen Wahl.

(Quellen: Edmonton Sun vom 11. November 2001, Saanich News vom 21. November 2001)

Wissenschaft — Diskussion zu Übersichtsartikeln in britischer Ärztezeitung

Am 24. November veröffentlichte die britische Ärztezeitung (BMJ, British Medical Journal) vier Leserbriefe, die Übersichtsartikel zur Wirksamkeit von Cannabinoiden bei Schmerzen und Chemotherapie-induzierter Übelkeit vom Juli diskutieren. Die Übersichtsartikel waren recht reserviert hinsichtlich des medizinischen Potenzials von Cannabinoiden bei diesen beiden Indikationen gewesen.

Dr. Leslie Iversen, Pharmakologieprofessor an der UniversitĂ€t von Oxford schrieb: "Campbell et al stellten sich selbst eine unmögliche Aufgabe mit ihren systematischen Übersichten. Jeder, der die wissenschaftliche Literatur zur medizinischen Verwendung von Cannabis durchsieht, findet schnell heraus, dass es einen Mangel an gut kontrollierten klinischen Studien gibt. Eine Meta-Analyse zur Verwendung von Cannabis bei der Behandlung von Schmerzen wird daher wahrscheinlich wenig Substanzielles finden, das kommentiert werden könnte. (...) Leider hat das die Autoren nicht davon abgehalten, eine Anzahl emphatischer aber schlecht fundierter Schlussfolgerungen zu ziehen."

Dr. Ethan Russo, klinischer Assistenzprofessor an der UniversitĂ€t von Washington und Herausgeber des Journal of Cannabis Therapeutics stellte fest: "Es ĂŒberrascht, dass die Autoren sich dafĂŒr entscheiden, die angebliche Bedeutung ihrer begrenzten Untersuchungen auszuweiten, um die Verwendung von Cannabis und Cannabinoiden auch fĂŒr zukĂŒnftige Anwendungen zurĂŒckzusetzen. (...) Die Massenmedien haben die Gelegenheit aufgegriffen, und in der Folge wurde wertvolle Labor- und klinische Forschung und ihre Finanzierung zur Analgesie und Schmerzkontrolle erheblich kompromitiert."

Dr. Franjo Grotenhermen vom Kölner nova-Institut und Vorsitzender der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin merkte an: "Ich bin unsicher, ob die Methoden, die bei den systematischen Übersichten von Campbell et al und TramĂšr et al verwendet wurden, in der Lage sind, die Fragen von heutigem Interesse zu beantworten. Wenn man die Daten von Ă€lteren Studien zu Schmerzen poolt, wird man die meisten interessanten Informationen verpassen. (...) Die Frage von Interesse ist nicht so sehr, ob Cannabinoide potente Schmerzmittel im Vergleich zu Codein sind, sondern eher, bei welchen schmerzhaften ZustĂ€nden sie wirksam sind."

(Quellen: British Medical Journal vom 7. Juli und 24. November 2001, http://www.bmj.com/)

Großbritannien — Polizei unsicher im Umgang mit Cannabis-CafĂ©

Im ersten britischen Cannabis-CafĂ© in Stockford, Manchester, wurde am 20. November von der Polizei zum zweiten Mal eine Razzia durchgefĂŒhrt. Nach der Razzia am 15. September, am Tag der Eröffnung, schien die Polizei eine Leben-und-rauchen-lassen-Politik angenommen zu haben, großzĂŒgig zugestehend, dass es eine "anhaltende Debatte ĂŒber den medizinischen Nutzen, oder Anderes, zu Cannabis" gebe.

Am 20. November, als die BBC das CafĂ© fĂŒr einen Beitrag zur Drogenpolitik von innen filmte, kam die Polizei zurĂŒck, warf jeden hinaus und warf dem Besitzer, Colin Davies, und mehreren anderen verschiedene Drogenvergehen vor.

Ein Artikel in der New York Times stellte fest, dass "es unklar ist, was die Polizei von Stockport wirklich von dem hollĂ€ndischen Experiment denkt." In einer vertraulichen Umfrage, die unter Mitgliedern von DrugScope, einer von der Regierung unterstĂŒtzten gemeinnĂŒtzigen Organisation, durchgefĂŒhrt wurde, ergab, dass 81 Prozent der 300 Gruppen von PolizeikrĂ€ften, Gerichten, BewĂ€hrungshelfern und Drogenarbeitern sich dafĂŒr aussprachen, dass Cannabis an lizenzierten Orten, wie etwa Kneipen, CafĂ©s und LĂ€den, abgegeben werden sollte.

(Quellen: The Observer vom 11. November 2001, New York Times vom 22. November 2001)

Kurzmeldungen

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Schweiz — Schritte zur Legalisierung

Die Gesundheitskommission des StĂ€nderates hat mit 6 zu 4 Stimmen fĂŒr die Legalisierung von Konsum und Besitz von Cannabis gestimmt und folgte damit der Regierungsempfehlung. Der Verkauf und der Anbau soll verboten bleiben, werde jedoch unter bestimmten UmstĂ€nden nicht strafrechtlich verfolgt. Der nĂ€chste Schritt besteht in einer Diskussion und Abstimmung ĂŒber die Gesetzesvorlage im gesamten StĂ€nderat. (Quelle: AP vom 13. November 2001)

Wissenschaft — Cannabidiol

Wirkmechanismen fĂŒr Cannabidiol (CBD) wurden analysiert. Es wurde gezeigt, dass CBD mit Vanilloidrezeptoren vom Typ 1 interagiert und die Konzentration von Anandamid anhebt. (Quelle: Bisogno et al. Br J Pharmacol 2001 Oct;134(4):845-52)

Wissenschaft — Darm-EntzĂŒndungen

Bei MĂ€usen fĂŒhrten DarmentzĂŒndungen zu einer Zunahme der Wirksamkeit von Cannabinoidagonisten, möglicherweise durch Heraufregulierung von CB1-Rezeptoren. Zudem könnten Endocannabinoide, deren Umsatz bei DarmentzĂŒndungen erhöht ist, tonisch die Darmbewegungen hemmen. (Quelle: Izzo et al. Br J Pharmacol 2001 Oct;134(3):563-70)

Europa — Cannabiskonsum

Das EuropĂ€ische Beobachtungszentrum fĂŒr Drogen und DrogenabhĂ€ngigkeit in Lissabon erklĂ€rte in seinem jĂ€hrlichen Bericht fĂŒr das Jahr 2001, dass der Anteil der Erwachsenen in der EuropĂ€ischen Union, der jemals Cannabis konsumiert hĂ€tte, zwischen 10 Prozent in Finnland und 20-25 Prozent in DĂ€nemark, Frankreich, Irland, den Niederlanden, Spanien und Großbritannien liege. Zwischen einem und neun Prozent der Erwachsenen in der EU haben in den vergangenen 12 Monaten Cannabis konsumiert. (Quelle: Reuters vom 20. November 2001)

Wissenschaft — Zellvermehrung

Endocannabinoide scheinen die Zellvermehrung durch einen Mechanismus zu hemmen, der die kombinierte Aktivierung von Vanilloid-Rezeptoren und in geringerem Maße Cannabinoidrezeptoren umfasst. Allerdings ist bisher kein universeller Mechanismus bekannt, durch den pflanzliche Cannabinoide die Zellproliferation beeinflussen. (Quelle: Jacobsson et al. J Pharmacol Exp Ther 2001 Dec 1;299(3):951-959)

Wissenschaft — Kreuz-Sensibilisierung mit Morphin

Die wiederholte THC-Gabe an Ratten verursachte eine Verhaltenssensibilisierung nicht nur gegenĂŒber Cannabinoiden, sondern auch gegenĂŒber Opiaten. Diese Kreuz-Sensibilisierung war symmetrisch, da Ratten die gegenĂŒber Morphin sensibilisiert worden waren auch gegenĂŒber Cannabinoiden sensibilisiert waren. Diese Beobachtungen werden von den Autoren als neurobiologische Basis fĂŒr eine Beziehung zwischen Cannabiskonsum und Opiatkonsum angesehen. (Quelle: Cadoni et al. Psychopharmacology (Berl) 2001 Nov;158(3):259-266)

Wissenschaft — Rezeptoren im Gehirn von Feten

Im fetalen Gehirn konnten eine geringe Anzahl von Cannabinoidrezeptoren bereits in der 14. Woche der Schwangerschaft nachgewiesen werden. Die Rezeptordichte nahm langsam zu, erreichte das Erwachsenenniveau allerdings nicht vor dem Ende der 24. Woche. Das Verteilungsmuster in den fetalen Gehirnen unterschied sich deutlich gegenĂŒber dem Muster bei Erwachsenen. Die relativ geringe Zahl der Cannabinoidrezeptoren im fetalen menschlichen Gehirn könnte die relativ geringen Konsequenzen eines Cannabiskonsums wĂ€hrend der Schwangerschaft erklĂ€ren. (Quelle: Biegon A, Kerman IA. Neuroimage 2001 Dec;14(6):1463-1468)