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ACM-Mitteilungen vom 3. Oktober 2020

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Liebe Leserin, lieber Leser,

gemäß der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen im Deutschen Bundestag haben die Krankenkassen in den vergangenen Jahren etwa 40 % aller Anträge auf eine Kostenübernahme für eine Therapie mit Cannabis-Medikamenten abgelehnt, obwohl das Gesetz ausdrücklich vorsieht, dass die Krankenkassen eine Kostenübernahme nur in Ausnahmefällen ablehnen dürfen. Die Antwort der Bundesregierung dokumentiert erneut, dass sich die Krankenkassen nicht an die Vorgaben des Gesetzes halten und im Wesentlichen die Hoheit über die Entscheidung eine Kostenübernahme besitzen.

Wie eine Antwort auf eine Frage der Bundestagsabgeordneten Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen) zeigt, ist die Zahl der Regressforderungen, also Forderungen nach Strafzahlungen aufgrund einer unwirtschaftlichen Verordnung von Medikamenten, gegen Ärzte mit etwa 30 recht gering, diese geringe Zahl kann dennoch ausreichen, um Kassenärzte von der Verschreibung abzuschrecken. Solange Ärztinnen und Ärzte von Regressen bedroht sind, ist es besonders wichtig, die Notwendigkeit einer Cannabistherapie zu begründen, und insbesondere auch zu begründen, warum ein bestimmtes Medikament und nicht ein vermeintlich günstigeres eingesetzt wurde.

Die ACM fordert seit Jahren, dass Cannabis-Medikamente als Praxisbesonderheit behandelt werden. Die Behandlung als Praxisbesonderheit, die es für viele Bereiche gibt, in denen teure Arzneimittel zum Einsatz kommen, würde vor Regressforderungen schützen.

Viel Spaß beim Lesen!

Franjo Grotenhermen

Bundesregierung sieht keinen Handlungsbedarf bei Regressgefahr für Ärzte, die Cannabis-Medikamente verschreiben

Kirsten Kappert-Gonther (Bündnis 90/Die Grünen), die seit 2017 Sprecherin ihrer Fraktion für Drogenpolitik und Gesundheitsförderung im Deutschen Bundestag ist, hat die Bundesregierung zum Thema Regressforderung an Ärztinnen und Ärzte aufgrund einer Verschreibung von Medikamenten auf Cannabisbasis befragt.

Was ist ein Regress?

Ärztinnen und Ärzte, die unwirtschaftlich arbeiten, sind von Regressforderungen durch die Krankenkassen bedroht. Sie können gezwungen sein, die nicht wirtschaftlich verschriebenen Medikamente aus eigener Tasche zurückzuzahlen.

Dazu schreibt die Kassenärztliche Bundesvereinigung:

„Regresse aufgrund von nicht wirtschaftlichen Verordnungen belasten Arztpraxen. Neue Regelungen sollen das nun ändern. Die kürzlich beschlossenen Rahmenvorgaben zur Wirtschaftlichkeitsprüfungen sollen Ärztinnen und Ärzte sowohl bei der Kostenhöhe als auch bei der Verfahrensfrist entlasten. Die Einzelheiten erklärt Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV.

Wirtschaftlichkeitsprüfung

„Vertragsärzte sind zur Wirtschaftlichkeit verpflichtet, d. h. die verordneten Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein und dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten (§ 12 SGB V).

– Ausreichend sind Leistungen, wenn sie nach Umfang und Qualität hinreichende Chancen für eine Heilung bieten und einen Mindeststandard garantieren.

– Zweckmäßig sind Leistungen, wenn sie zur Herbeiführung des Heilerfolgs geeignet und hinreichend wirksam sind.

– Notwendig sind Leistungen, die unentbehrlich, unvermeidlich oder unverzichtbar sind.

Wirtschaftlich sind Leistungen, wenn die gewählte Therapie im Vergleich zu anderen ein günstiges Verhältnis von Kosten und Nutzen aufweist.

Die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots unterliegt einer gesetzlich vorgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsprüfung (§§ 106 und 106b SGB V).

Mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz wurde zum 1. Januar 2017 die bis dahin als Regelprüfmethode vorgesehene Richtgrößenprüfung (Auffälligkeitsprüfung) abgelöst und die Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfung insgesamt neu strukturiert.

Die Prüfung erfolgt nun anhand von zwischen den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen getroffenen Prüfvereinbarungen (gilt für Prüfzeiträume ab 2017). Bei der Ausgestaltung der Prüfungen einschließlich des Prüfgegenstandes sind die regionalen Vertragspartner grundsätzlich frei. Die Prüfmethode kann deshalb regional variieren (beispielsweise Richtgrößenprüfung, Durchschnittsprüfung oder Prüfung nach Zielwerten). Deshalb sind zur konkreten Information die jeweiligen Prüfvereinbarungen zu berücksichtigen.“

Frage von Kirsten Kappert-Gonther an die Bundesregierung

Auch bei der Verwendung von Medikamenten auf Cannabisbasis, die zum Teil nicht günstig sind, können Prüfungen zur Wirtschaftlichkeit vorkommen. Dies ist insbesondere auch deshalb brisant, weil es unterschiedliche Auffassungen gibt, welche der verfügbaren Cannabis-Medikamente vergleichsweise günstig und welche vergleichsweise teuer sind. Die Frage von Frau Kappert-Gonther lautet >(Drucksache 19/22308, Seite 82):

„Wie häufig waren Ärztinnen und Ärzte nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils in den Jahren 2017 bis 2020 nach der Verordnung von Cannabis nach SGB V § 31 Abs. 6 Satz 1 von Regressforderungen betroffen, obwohl eine Genehmigung der Krankenkasse nach SGB V § 31 Abs. 6 Satz 2 vorlag, und sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf um Cannabis verordnende Ärztinnen und Ärzte bei Vorliegen der obligatorischen Genehmigung vor Regressforderungen zu schützen?“

Der Bundesregierung sind gemäß ihrer Antwort von 2017 bis 2019 etwa 30 Fälle bekannt geworden. Daher sieht die Bundesregierung keinen Handlungsbedarf.

Antwort der Bundesregierung

„Der Bundesregierung sind in dem Zeitraum von 2017 bis 2019 ca. 30 Fälle bekannt, in denen Prüfanträge/Regressforderungen gestellt wurden. Bei ca. 20 weiteren Prüfanträgen ist unklar, ob eine Genehmigung vorlag. Inwiefern ein tatsächlicher Regress ausgesprochen wurde, ist nicht bekannt. Gesetzlicher Handlungsbedarf wird vor dem Hintergrund dieser sehr geringen Fallzahlen im Vergleich zur Zahl von 34.000 gestellten Anträgen allein im Jahr 2019, wobei Doppelzählungen durch Zweitanträge enthalten sein können, nicht gesehen.“

Forderung der ACM: Einstufung von Cannabis-Medikamenten als Praxisbesonderheit

Die Bedrohung durch Regressforderungen hält nach unserer Erfahrung trotz der niedrigen Zahlen eine Anzahl von Kassenärzten grundsätzlich davon ab, Cannabis-Medikamente auf einem Kassenrezept zu verordnen. Die ACM drängt daher seit Jahren darauf, dass die Verschreibung von Cannabis-Medikamenten als Praxisbesonderheit behandelt wird, so wie es dies auch in anderen Bereichen gibt, beispielsweise bei der Verschreibung teurer Biologika bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen. Eine solche Einstufung würde vor Regressen schützen. Solange dies nicht der Fall ist, sollten Ärztinnen und Ärzte die Verschreibung von Medikamenten auf Cannabisbasis gut begründen und auch begründen, warum genau dieses Präparat zum Einsatz kam und nicht ein anderes aus der gleichen Stoffgruppe – kurz gesagt, warum dieses Präparat wirtschaftlich, ausreichend und zweckmäßig war und ist.

Antwort der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage zu Entwicklung von Cannabis

In einer 17-seitigen Drucksache (19/22651) vom 17. September 2020 hat die Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 19/21484) zur „Entwicklung der Nutzung von Cannabis als Genussmittel sowie der medizinischen und gewerblichen Nutzung“ geantwortet.

Hier einige Auszüge:

Bundesregierung strebt eine qualitätsgesicherte und bedarfsgerechte Versorgung mit Medikamenten auf Cannabisbasis an

In der Vorbemerkung zu Ihren Antworten schreibt die Bundesregierung zu den Auswirkungen des Cannabis als Medizin-Gesetzes aus dem Jahr 2017:

„Die Bundesregierung verfolgt das gesundheitspolitische Ziel einer qualitätsgesicherten und bedarfsgerechten Versorgung von Patientinnen und Patienten in Deutschland mit Arzneimitteln auf Cannabisbasis. (…) Mit diesem Gesetz wurden die rechtlichen Grundlagen für einen in Deutschland neuen medizinischen Versorgungsmarkt mit Medizinalcannabis geschaffen. In den weniger als vier Jahren seit dem Inkrafttreten des Gesetzes hat sich dieser junge Markt stetig fortentwickelt. Vor diesem Hintergrund, aber auch im Hinblick auf das durch dieses Gesetz erweiterte arzneiliche Behandlungsspektrum, bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen dieses Gesetzes grundsätzlich positiv. (...)“

Zum Umgang mit CBD verweist die Bundesregierung auf die Europäische Kommission

„Im Hinblick auf die Ausführungen der Fragesteller zu Cannabidiol (CBD) ist anzumerken, dass der sogenannte Novel Food-Katalog als eine Orientierung dient, ob ein Produkt eine Zulassung gemäß der Verordnung über neuartige Lebensmittel benötigt; eine solche Zulassung kann nur erfolgen, sofern Erzeugnisse keine Arzneimittel oder Betäubungsmittel sind. Gegebenenfalls ändert die Europäische Kommission (im Folgenden: EU-Kommission) den Katalog, wenn neue Informationen zur Verfügung stehen. Mit den Aussagen zu CBD im Novel Food-Katalog hat die EU-Kommission klargestellt, dass die betreffenden Lebensmittel EU-weit als neuartige Lebensmittel eingestuft werden. Grund ist, dass für diese Produkte bisher keine Nachweise erbracht worden sind, die einen nennenswerten Verzehr im Sinne der Novel Food-Verordnung belegen. Die Entscheidung über diese Einstufung wurde von der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten nach Sichtung und Wertung aller verfügbaren Informationen einvernehmlich getroffen.“

Zur Entwicklung des Imports von Cannabisblüten

In einer Tabelle legt die Bundesregierung dar, wie sich die Importzahlen für Cannabisblüten zur medizinischen Versorgung und zur Zubereitung von Dronabinol und anderen Cannabis-Medikamenten entwickelt haben (Seite 6).

So wurden im zweiten Quartal 2017 180,4 kg Cannabisblüten zur medizinischen Versorgung importiert, im zweiten Quartal 2018 waren dies 1030,9 kg, im zweiten Quartal 2019 waren es 1551,6 kg und im zweiten Quartal 2020 waren es 2349,3 kg. Aktuell werden insgesamt 47 Sorten von Cannabisblüten importiert.

Welche Mengen sollen in Deutschland produziert werden?

Nach den Zahlen der Antwort der Bundesregierung (Seite 9) sollen drei Typen von Cannabissorten pro Quartal produziert werden. Vom Typ 1 mit einem hohen THC-Gehalt und wenig CBD sollen 400 kg produziert werden, vom Typ 2 mit einem mittleren THC-Gehalt und wenig CBD sollen pro Quartal 150 kg und vom Typ 3 mit einem ausgeglichenen THC- und CBD-Gehalt sollen 100 kg produziert werden.

Entwicklung der Ablehnungen eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen

In ihrer Antwort auf die Frage der Bündnisgrünen zu Entwicklung der Ablehnungsquote auf eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen schreibt die Bundesregierung (Seite 10):

„Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes wurden im Zeitraum seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften vom 6. März 2017 etwa 40 % der Anträge auf Versorgung mit Cannabis nach § 31 Abs. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) abgelehnt.“

Eine Suchterkrankung schließt eine Therapie mit Cannabis nicht grundsätzlich aus

Auf die Frage, ob eine Suchterkrankung grundsätzlich eine Therapie mit Cannabismedikamenten ausschließt, schreibt die Bundesregierung: „Die Stellung einer Indikation für oder gegen eine medikamentöse Behandlung bei Patientinnen und Patienten ist, ebenso wie die vorangehenden Handlungen zur Stellung einer medizinischen Diagnose, ärztliches Handeln gemäß der jeweiligen Berufsordnungen der Ärztekammern. Dem stehen auf der gesetzlichen Ebene der § 31 Abs. 6 SGB V keine ärztlicherseits zu berücksichtigenden konkreten Krankheitsentitäten entgegen.“

Die Bundesregierung teilt die Auffassung der Europäischen Union zum Thema CBD

Hinsichtlich der Frage, ob es sich bei CBD-Produkten um neuartige Lebensmittel handelt, heißt es in der Antwort der Bundesregierung:

„Mit den Einträgen zu CBD im Novel Food-Katalog hat die EU-Konversion klargestellt, dass die betreffenden Erzeugnisse EU-weit als neuartige Lebensmittel eingestuft werden, sofern sie keine Arzneimittel oder Betäubungsmittel sind. Grund ist, dass für diese Produkte bisher keine Nachweise erbracht worden sind, die einen nennenswerten Verzehr im Sinne der Novel Food-Verordnung belegen. Die Entscheidung über diese Einstufung wurde von der EU-Kommission und den Mitgliedstaaten nach Sichtung und Wertung aller verfügbaren Informationen einvernehmlich getroffen.“

Entsprechend der weiteren Fragen im Rahmen der kleine Anfrage geht die Bundesregierung auf eine Anzahl weiterer Aspekte ein, darunter das Thema Cannabis und Führerschein, den Freizeitkonsum von Cannabis und internationale Entwicklungen.

Presseschau: BfArM-Cannabis: Dieses Jahr keine Ernte (Apotheke adhoc)

Sowohl das BfArM als auch die Bundesregierung haben darauf hingewiesen, dass durch die Folgen der Corona-Pandemie in diesem Jahr noch kein Cannabis aus Deutschland in die Apotheke gelangen kann.

BfArM-Cannabis: Dieses Jahr keine Ernte

Der Anbau von medizinischem Cannabis im Auftrag des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) steht vor der nächsten Panne: Die drei Produzenten Aphria, Aurora und Demecan werden – anders als bisher geplant und angekündigt – im Jahr 2020 noch keine Ernte einfahren können. Die Schuld sehen die Hersteller nicht in eigenen Versäumnissen, sondern der Covid-19-Pandemie. Die habe nämlich zu Verzögerungen bei notwendigen Zertifizierungen geführt.

Zu wenig und zu spät: Der Anbau von medizinischem Cannabis in Deutschland ist bisher keine reine Erfolgsgeschichte. Nachdem Fehler in der ersten Ausschreibung des BfArM den Anbau bereits um ein Jahr verzögert haben, strapaziert nun die Covid-19-Pandemie die Geduld von Patienten und Unternehmen. Denn durch die Ausnahmesituation der vergangenen Monate sind auch die Behörden in Verzug geraten: Notwendige GMP- und BtM-Zertifizierungen konnten nicht fristgerecht ausgestellt werden. Bereits im August hatte die Bundesregierung in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der FDP-Fraktion durchblicken lassen, dass der Zeitplan nicht zu halten sein könnte. „Nach gegenwärtiger Einschätzung kann nicht ausgeschlossen werden, dass die in vielen Wirtschaftsbereichen anhaltenden Folgen der Covid-19-Pandemie einen zeitverzögernden Einfluss auf den Beginn der Lieferungen in 2020 haben könnten“, hieß es damals.

Nun haben auch die drei Hersteller eingeräumt, dass es dieses Jahr nichts mehr wird. So bereite Aurora derzeit die Inbetriebnahme der Produktionsanlage in Leuna vor. „Wir freuen uns darauf, die Produktion zu beginnen, sobald alle notwendigen Schritte zur Produktionsvorbereitung und zu behördlichen Genehmigungen unternommen wurden – einige dieser Schritte dauern durch die anhaltende Pandemie verursachten Einschränkungen länger als ursprünglich erwartet und geplant“, erklärt Deutschlandgeschäftsführer Philip Schetter auf Anfrage. „Aurora diskutiert regelmäßig den Projektfortschritt mit der Cannabisagentur und stimmt das weitere Vorgehen und etwaige Verzögerungen im Zeitplan ab. Die erste Lieferung wird sich vermutlich in das nächste Jahr verschieben.“

Ähnlich sieht es bei Demecan aus. Das Berliner Start-up, das anders als Aurora und Aphria keinen kanadischen Konzern im Rücken hat, sondern selbst Investorengelder einsammeln muss, will ganz in der Nähe von Leuna produzieren. In der Gemeinde Ebersbach, unweit von Dresden, haben die Berliner vom insolvent gegangenen Cannabis-Konzern Wayland eine Anlage in einem ehemaligen Schlachthof erworben, in der sie ihr Cannabis künftig anbauen wollen. Doch auch das wird noch dauern. Demecan müsse seine Produktion den neuen Bedingungen anpassen, weshalb es nicht möglich sein werde, die erste Ernte in diesem Jahr einzufahren, heißt es vom Unternehmen. „Unser Ziel ist es, zeitnah mit dem Anbau der Pflanzen zu beginnen, um so schnell wie möglich im neuen Jahr eine Lieferung an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zu gewährleisten“, so Geschäftsführer und Mitgründer Dr. Constantin von der Groeben.

Auch Aphria bestätigt die Verzögerung und kann wie die beiden Mitbewerber noch keinen neuen Liefertermin bekanntgeben. Es sei jedoch geplant, noch im ersten Quartal 2021 zu liefern. Die Aphria-Anlage entsteht derzeit in der Nähe von Neumünster und soll eigentlich bis November fertig sein – auch hier stellt sich jedoch die Frage, ob die Behörden fristgerecht ihre Genehmigungen ausstellen können. Aphria plant, die ersten Setzlinge aus Kanada zu importieren.

Für den deutschen Cannabismarkt dürfte sich damit vorerst nicht viel ändern, die komplette Importabhängigkeit bleibt bestehen. Allerdings erscheint vor dem Hintergrund des Ausfalls der mutmaßlich bereits eingeplanten Menge an heimischem Cannabis nachvollziehbarer als bisher, warum das BfArM dieses Jahr Cannabisimporte in Rekordmenge nachbeantragen musste. 16,1 Tonnen Cannabis hatte die Behörde vergangenes Jahr beim „Internationalen Suchtstoff-Kontrollamt der Vereinten Nationen“ (International Narcotics Control Board, INCB) zum Import beantragt und musste dieses Jahr im Rahmen einer Nachschätzung während des jeweils laufenden Kalenderjahres den Import von fast 12,4 weiteren Tonnen beantragt – es werden also über 75 Prozent mehr benötigt, als vergangenes Jahr geschätzt wurde.

Zumindest für die zahlreichen kleineren Cannabis-Großhändler in Deutschland könnte die Verzögerung beim heimischen Anbau auch eine Verschnaufpause bedeuten. Denn zwar ist die geplante Menge von 2,6 Tonnen im Jahr aus heimischer Produktion nur ein Bruchteil des realen Bedarfs in Deutschland. Trotzdem ist aus Branchenkreisen zu vernehmen, dass viele mit einer leichten Abnahme der Cannabispreise rechnen, sobald auch aus deutscher Produktion geliefert wird. Das dürfte den kleineren Vertriebsunternehmen auf die ohnehin schon geringen Erträge drücken. Chance, von dem deutschen Cannabis etwas abzubekommen, haben sie indes nicht. Den Zuschlag in der Vertriebsausschreibung hat das BfArM nämlich an Cansativa vergeben.

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