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ACM-Mitteilungen vom 13. Oktober 2007

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Ein Multiple-Sklerose-Patient lehnt das Angebot des BfArM zur Verwendung eines Cannabisextraktes ab und besteht auf dem Eigenanbau von Cannabis

Mit einem Schreiben seines Rechtsanwaltes Oliver Tolmein aus Hamburg besteht Michael Fischer, ein MS-Patient aus Mannheim, auf einer Genehmigung des Eigenanbaus von Cannabis zu medizinischen Zwecken durch die Bundesopiumstelle beim BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte). Wie einigen anderen Patienten war Herrn Fischer die Erlaubnis zur Verwendung eines Cannabisextraktes erteilt worden, unter der Voraussetzung, dass er seinen Antrag auf Eigenanbau bzw. Import von Cannabis aus den Niederlanden zurückzieht.

Im Schreiben des Rechtsanwaltes heißt es: "Ihre Stellungnahme widerspricht der Entscheidung des BVerwG vom 19.5.2005 (3 C 17/04). Sie machen geltend, dass Sie die beantragte Erlaubnis zum Erwerb/zur Einfuhr von Hanfsamen, zum Anbau von Cannabis/Marihuana und zum Erwerb/zur Einfuhr von Cannabis/Marihuana zu versagen beabsichtigen, weil sie die Verwendung von stark wirksamen Pflanzenteilen 'mit unbekannten bzw. variierenden Wirkstoffgehalten' aus Gründen der 'Arzneimittelsicherheit und der Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs' ablehnen. Stattdessen wollen Sie meinem Mandanten eine Erlaubnis zum Erwerb eines standardisierten Cannabisextrakts gemäß den Dosierungsangaben des behandelnden Arztes erteilen. Es ist nicht ersichtlich, welche Gründe der Arzneimittelsicherheit bzw. der Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehres genau dagegen sprechen, dem Antrag meines Mandanten in der gestellten Form zu entsprechen. Diese als potenzielle Versagensgründe vorgetragenen Bedenken erscheinen vor allem angesichts der Vorgeschichte des Verfahrens unsubstantiiert – der Antragsteller verwendet, wie Sie wissen, seit Jahren erfolgreich die Cannabis-Pflanze um seine Ataxie wirkungsvoll zu behandeln. Dabei ist nichts zu Tage getreten, was eine Ablehnung der Erlaubnis des Anbaus aus Gründen der Arzneimittelsicherheit oder der Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs hätte rechtfertigen können. Dass ein solches Vorbringen einer substantiierten Prüfung bedarf, hat das Bundesverwaltungsgericht im hier zugrundeliegenden Ausgangsverfahren bereits erläutert. Eine solche Prüfung ist nicht erfolgt. (…)"

Michael Fischer wurde bereits in mehreren Strafverfahren vom Vorwurf des illegalen Besitzes von Betäubungsmitteln freigesprochen, da ein rechtfertigender Notstand vorliege.

(Quelle: Persönliche Mitteilung von Herrn Fischer und Herrn Tolmein)

Illegale Hausdurchsuchung bei einem Patienten in Bayern wegen Beantragung einer Besuchserlaubnis bei Volker Krug

Bei einem Patienten aus Bayern, der Cannabis zu medizinischen Zwecken verwendet, wurde jüngst eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Die Beamten wiesen darauf hin, dass er einen Besuchsantrag bei Volker Krug, der wegen der Einfuhr von Cannabis in Würzburg in Untersuchungshaft sitzt, gestellt habe. Es werde bei allen Personen mit einer Vorstrafe wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz, die einen Besuchsantrag bei einem Inhaftierten wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz stellen, in Bayern grundsätzlich eine Hausdurchsuchung durchgeführt. Wie der Betroffene erfuhr, handle es sich dabei um eine illegale Praxis der bayerischen Strafverfolgungsbehörden. Es wurde ihm geraten, nicht aktiv zu werden. Das Verfahren würde dann sicherlich eingestellt, da es ohne Rechtsgrundlage sei. Vor wenigen Wochen war bereits bei einem anderen Patienten, der sich beim Staatsanwalt für Herrn Krug eingesetzt hatte und dabei auf die positiven Wirkungen von Cannabis bei ihm selbst hingewiesen hatte, eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden.

Die Hauptverhandlung des Prozesses gegen Volker Krug, der Cannabis zur Behandlung einer chronischen Darmerkrankung (Morbus Crohn) verwendet, soll am 28. November stattfinden. Eine Entlassung aus der seit Juli bestehenden Untersuchungshaft ist nach Angaben seines Rechtsanwaltes nicht zu erwarten, da er trotz seines schlechten Gesundheitszustandes als haftfähig betrachtet werde. Ihm werde unter anderem vorgehalten, für die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes mitverantwortlich zu sein, da er die ihm angeratene Behandlung ablehne. Herr Krug weist in einem Schreiben an den Vorsitzenden der ACM darauf hin, dass er in früheren Jahren viele andere Medikamente eingenommen habe, die zu einem ärztlich bekannten Leberschaden geführt hätten. Er lehne daher die Weiterverwendung dieser Medikamente ab.

(Quelle: Persönliche Mitteilungen des von der Hausdurchsuchung betroffenen Patienten und von Volker Krug, Mitteilung des Rechtsanwaltes von Herrn Krug)

FDP fordert eine veränderte Praxis bei der Erlaubnisvergabe zur medizinischen Verwendung von Cannabis

In einer Pressemitteilung des drogenpolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion, Detlef Parr, vom 23. August 2007 heißt es, dass die FDP-Bundestagsfraktion die Ausnahmegenehmigung für die medizinische Verwendung eines Cannabisextraktes an eine Multiple-Sklerose-Patientin durch die Bundesopiumstelle begrüße. Weiter heißt es in der Pressemitteilung: Die FDP-Bundestagsfraktion "fordert die Bundesregierung auf, endlich lang gemachte Versprechungen umzusetzen. Notwendig ist eine sichere Rechtsgrundlage, um schwerstkranke Menschen, die von Cannabis-Extrakten profitieren, nicht zu kriminalisieren."

(Quelle: Pressemitteilung der FDP-Bundestagsfraktion vom 23. August 2007)

Christian Ströbele fordert Konsequenzen aus der jüngsten Forschung zum Gefahrenpotenzial von Cannabis im Straßenverkehr

Am 12. Oktober reichte Christian Ströbele, Bundestagsabgeordneter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, eine Anfrage an die Bundesregierung ein, damit diese endlich für Cannabis-Grenzwerte initiativ werde. Darin heißt es: "Wie beurteilt die Bundesregierung die Erkenntnisse einer kürzlich durch die Bundesanstalt für Straßenverkehr vorgestellten repräsentativen Studie der Universitäten Düsseldorf und Heidelberg, wonach weder höhere Cannabis-Konzentration noch häufiger Cannabis-Konsum die Verkehrsauffälligkeiten mehrte, sowie die Empfehlung einer Studie internationaler Wissenschaftler der Internationalen Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (IACM. e.V.), wonach für Verkehrsteilnehmer ein Grenzwert für Strafbarkeit und Verkehrseignung zwischen sieben und zehn Nanogramm des Cannabiswirkstoffs Tetrahydrocannabinol (THC) pro Milliliter Blut - analog 0,5 Promille Blutalkoholkonzentration - festgelegt werden solle (vgl. FOCUS 40/2007 S. 66)."

Die Ergebnisse der Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen sind verfügbarer unter:

www.bast.de

Die Ergebnisse der internationalen Arbeitsgruppe, die auch beim IACM-Kongress in Köln vorgestellt wurden, sind nun in einem Artikel der Fachzeitschrift Addiction online (in englisch) veröffentlicht und sind beim Erstautor unter franjo.grotenhermen@nova-institut.de erhältlich.

(Quelle: Information des Bundestagsbüros von Christian Ströbele vom 12. Oktober 2007)