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ACM-Mitteilungen vom 22. Dezember 2007

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Freispruch für Morbus-Crohn-Patienten aus Graz

Nach einem Bericht in der Wiener Zeitung vom 21. Dezember wurde ein 43-jähriger Mann, der am Morbus Crohn, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, leidet, vom Bezirksgericht Graz-West vom illegalen Besitz von Cannabisprodukten freigesprochen. Der Angeklagte Dietmar N. hatte in seiner Wohnung Hanfsetzlinge gezogen und geerntet. Die Staatsanwaltschaft warf ihm Anbau, Besitz und Konsum von 77 Gramm Cannabiskraut vor.

Herr N. hatte sich stets damit gerechtfertigt, mangels legaler Medikamente Cannabis zur Linderung seiner schweren Krankheit einzunehmen. Er habe bei Selbstversuchen entdeckt, "dass ich unter Einfluss von Cannabis sogar so etwas wie Appetit entwickle, was ich seit Jahren nicht mehr kannte". Seine Hausärztin, die er darauf ansprach, habe ihm leider nicht helfen können. Wie die als Zeugin geladene Medizinerin kleinlaut bestätigte, habe sie es trotz ausdrücklichen Wunsches des Patienten vermieden, sich über verfügbare legale Cannabis-Medikamente zu informieren und auch eine angeregte Kontaktierung von Experten unterlassen.

Richterin Karin Zeiler-Wlasich machte es sich nicht leicht und ließ eine Reihe kompetenter Gutachter aufmarschieren: Den international bekannten Grazer Pharmakologen Eckhard Beubler von der Medizinischen Universität Graz, seinen Internisten-Kollegen, den Gastroenterologen Wolfgang Petritsch, sowie den Wiener Allgemeinmediziner und Drogenexperten Kurt Blaas.

Alle drei bestätigten die Wirksamkeit von Cannabisprodukten bei Morbus Crohn oder ähnlichen Leiden und sprachen sich vorbehaltlos für eine Behandlung des Angeklagten damit aus – nicht zuletzt, weil damit der Einsatz etlicher anderer, teurerer Medikamente (und deren Nebenwirkungen) vermieden werde. Cannabisprodukte würden gerade bei solch chronischen Leiden Depressionen und Schmerzen lindern und umgekehrt Appetit fördern.

Wie die Richterin in ihrer Urteilsbegründung betonte, handle es sich hier "im Allgemeinen zwar um eine rechtswidrige Handlung", der aber "Leib, Leben und Gesundheit des Angeklagten gegenüberstehe". Die Staatsanwältin ging in Berufung.

Quelle: Wiener Zeitung vom 21. Dezember 2007

Sechs Monate Gefängnis wegen des Anbaus von Nutzhanf als Protest gegen das Verbot der medizinischen Verwendung von Cannabis in Bayern

Am 11. Dezember wurde ein Mitglied der ACM wegen des Anbaus von etwa 290 Hanfpflanzen mit einem THC-Gehalt von 0,1 Prozent vom Amtsgericht Kempten in Oberbayern zu 6 Monaten Gefängnis ohne Bewährung verurteilt. Der 60-jährige Theodor G. wollte mit dem Anbau von Faserhanf gegen das Verbot der medizinischen Verwendung von Cannabis protestieren. Cannabis habe sich als das wirksamste und nebenwirkungsärmste Medikament bei seinen chronisch-entzündlichen Kniegelenksbeschwerden erwiesen. In seiner Heimat finde er keinen Arzt, der ihm Dronabinol verschreibe oder sich für eine Ausnahmegenehmigung beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte einsetze.

Obwohl der Angeklagte darauf hinwies, dass der von ihm angebaute THC-arme Hanf keinerlei berauschende Wirkung entfalte oder seine Schmerzen lindere, heißt es im Urteil: "Der Angeklagte hat weder eine Genehmigung zum Anbau von Cannabis, noch betreibt er eine Landwirtschaft mit Nutzhanfanbau, noch verfolgt er gewerbliche oder wissenschaftliche Zwecke, die einen Missbrauch zu Rauschzwecken ausschließen, im Sinne der Ausnahmeregelungen nach Anlage I BtmG. Vielmehr dient sein Cannabisanbau ausschließlich seiner in Eigentherapie betriebenen Schmerzlinderung. Da die von ihm als unerträglich beschriebenen Knieschmerzen angabegemäß nur beim Konsum seines selbstangebauten Cannabis vorübergehend verschwinden, ist und war er sich dessen "betäubender" Wirkung durchaus bewusst."

Die Strafe wurde nicht zur Bewähruung ausgesetzt, da Herr G. bereits mehrfach Nutzhanf angebaut und bereits früher eine fünfmonatige Haftstrafe wegen des gleichen Delikts verbüßt hatte. Ihm fehle "jede Unrechtseinsicht".

Herr G. hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Quelle: Persönliche Mitteilung von Herrn G. und Urteil des Amtsgerichts Kempten vom 11. Dezember 2007