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ACM-Mitteilungen vom 7. Mai 2016

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Liebe Leserin, lieber Leser,

mit dem Beschluss der Bundesregierung am 4. Mai 2016, das geplante Gesetz zur Verbesserung der medizinischen Versorgung mit Medikamenten auf Cannabisbasis auf den Weg zu bringen, wurde ein weiterer großer Schritt in die richtige Richtung getan.

Ich könnte jetzt bei der Erläuterung des Gesetzes seine Mängel hervorheben, aber das würde diesem Gesetzentwurf im internationalen Kontext nicht gerecht. Nach Verabschiedung des Gesetzes wird Deutschland zu den 10 Ländern mit den besten Möglichkeiten der medizinischen Nutzung von Cannabisprodukten durch ihre Bürger zählen. Wie wir in der Medical Cannabis Declaration aufzeigen, gibt es in den allermeisten der 200 Länder der Erde überhaupt keine Möglichkeiten zum Zugang zu Cannabis-basierten Medikamenten. Diese deutsche Bundesregierung ist damit eine der fortschrittlichsten Regierungen der Welt, wenn es um Cannabis als Medizin geht.

Bei allen Unzulänglichkeiten sollten wir uns glücklich schätzen, auf welch gutem Weg Deutschland sich in diesem Bereich befindet. Ja, es gibt die sadistischen Mitarbeiter von Führerscheinstellen, die von ihren Bürosesseln aus weiterhin Cannabispatienten quälen dürfen, ihnen Führerschein und damit oft ihre berufliche Perspektive und finanzielle Grundlage nehmen, ohne dass dies in irgendeiner Weise der Verkehrssicherheit dienen würde. Ja, es gibt die fürchterlichen Psychiater, die ihren Patienten mit dem Hinweis auf den angeblichen Cannabismissbrauch ein wirksames Medikament beispielsweise gegen ADHS oder posttraumatische Belastungsstörung und damit ein halbwegs normales Leben verweigern. Diese und andere Geschichten sind angesichts der vielen Ungerechtigkeiten und schweren Schicksale oft herzzerreißend. Ich kenne zu viele von diesen Geschichten.

Aber die Dinge ändern sich. Sie ändern sich nicht über Nacht. Es sind noch viele Köpfe und Herzen zu gewinnen. Lasst uns weiter gemeinsam dafür sorgen, dass wir die Veränderungen beschleunigen. Lasst uns unsere Empörung und Wut weiterhin in kluge Entschlossenheit und kreative Tatkraft umwandeln. Wir haben durch unsere Solidarität und Aktivität bereits viel Gutes erreicht. Wir werden Weiteres erreichen. Wir brauchen und haben heute starke Verbündete.

Das Gesetz soll nun im März 2017 in Kraft treten. Einen Monat später feiern wir das 20-jährige Bestehen der am 12. April 1997 in Köln gegründeten Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin. Wir haben gemeinsam einen langen und erfolgreichen Weg zurückgelegt. Wir haben Grund zum Feiern.

Herzliche Grüße

Franjo Grotenhermen

Medical Cannabis Declaration

Gegenwärtig führe ich mit einer engagierten Gruppe ein Crowdfunding zur Unterstützung der Medical Cannabis Declaration durch:

Crowdfunding Medical Cannabis Declaration

Die Initiative Mittelstand hat die englische Fassung unserer letzten Pressemitteilung veröffentlicht. Wir wollen hier die deutsche Version vorstellen.

Wie Ethan Russo es in einem der Videos trefflich formuliert, können die Menschen auf der Welt hinsichtlich des Zugangs zu Cannabis als Medizin in die, die es haben, und die, die es nicht haben, eingeteilt werden. Leider ist der Anteil der Nichthabenden viel zu groß. Dieser Zustand ist unhaltbar.

Die Gründer der MCD aus vielen Ländern und weitere Unterstützer möchten dies ändern. Dazu ist eine andauernde Kampagne erforderlich, die dieses Thema weltweit stärker ins Bewusstsein der Menschen, der Ärzte, der Journalisten, der Regierungen bringt. Um eine solche Kampagne professionell, glaubwürdig und auf einem hohen Niveau durchführen zu können, benötigt sie ausreichende Geldmittel.

Nur auf diese Weise, wird es uns beispielsweise gelingen, gute Übersetzungen in viele Sprachen für den geplanten regelmäßigen Rundbrief auf eine längere Sicht sicherzustellen. Wir brauchen dafür professionelle Übersetzer, die auch die technischen Begriffe korrekt in ihre Sprache übersetzen können.

Eine Gruppe von engagierten Menschen arbeitet gegenwärtig daran, diese Crowdfunding-Aktion zum Erfolg zu führen. Ich möchte Sie herzlich bitten, nach Ihren persönlichen Möglichkeiten zu diesem Erfolg beizutragen, damit immer mehr Menschen in immer mehr Ländern ja zu Cannabis als Medizin sagen. Wir haben viele positive Rückmeldungen zu dieser Initiative bekommen. Es ist jetzt wichtig, dass diese Initiative nicht nur wohlwollend betrachtet, sondern auch finanziell ein Erfolg wird. Jeder Betrag ist hilfreich.

Der gemeinnützige Verein „Medical Cannabis Declaration“ hat sich zum Ziel gesetzt, das medizinische Potenzial von Cannabis durch eine Informationskampagne in zehn Weltsprachen bekannt zu machen und Patienten den Zugang zu Cannabis als Medizin zu erleichtern. Finanziert wird die Kampagne durch Crowdfunding auf der bekannten Plattform Indiegogo.

Vor wenigen Wochen publizierte die Fachzeitschrift „Current Oncology“ eine Sonderausgabe zu Cannabis in der Krebstherapie mit dem Titel: „Use of Cannabinoids in Cancer Care“. Dieses bislang umfassendste Dokument zeigt die vielen Facetten von THC und CBD bei der Krebsbehandlung.

Die Arbeitsgruppe von Burkhard Hinz an der Universität Rostock hat im April 2016 in einer Übersichtsstudie dargestellt, wie Cannabinoide Krebszellen angreifen (Originaltitel „Antitumorigenic targets of cannabinoids – current status and implications“). Im Ausblick schreiben die Autoren: „Betrachtet man das positive Risiko-Profil von Cannabinoiden, insbesondere das von CBD, könnte der Einsatz von Cannabinoiden ein wichtiges Behandlungsinstrument werden, von dem Krebspatienten stark profitieren“.

Ein weiterer Fachartikel, ebenfalls aus diesem Jahr, soll zeigen, wie intensiv aktuell das Thema Cannabinoide und Krebs untersucht wird. Unter dem Titel „Anticancer mechanisms of cannabinoids“ schreiben Guillermo Velasco und Kollegen von der Universität Madrid zusammenfassend: „Insgesamt lässt sich sagen, dass Cannabinoide das Absterben von Tumorzellen einleiten, die Blutgefäßneubildung (Angiogenese) hemmen und im Tiermodell Krebserkrankungen verhindern. Es gibt Anzeichen dafür, dass sie ähnliche Wirkung bei Patienten mit Hirntumoren (Glioblastom) aufweisen. Da Cannabinoide ein akzeptables Risiko-Profil haben, sind klinische Studien für Cannabinoide als einzelnes Medikament oder, idealerweise, in Kombinationstherapien für Glioblastom und andere Krebsarten nicht nur berechtigt, sondern auch dringend notwendig.“

Zwei verschiedene Mechanismen scheinen bei der Hemmung des Tumorwachstums durch Cannabinoide eine besondere Rolle zu spielen, der programmierte Zelltod (Apoptose) und die Hemmung der Blutgefäßneubildung (Angiogenese). Beide Wirkungen werden vermutlich durch das Andocken von Cannabinoiden an Cannabinoid-Rezeptoren ausgelöst. Weitere Effekte, die Wissenschaftler diskutieren, sind eine Hemmung der Zellteilung, eine reduzierte Metastasenbildung und geringere Ausbreitung in Nachbargewebe sowie Störungen der Abfallbewältigung von Krebszellen, die zu deren Zelltod führen können.

Diese Information wurde durch den gemeinnützigen Verein „Medical Cannabis Declaration (MCD)“ im Rahmen seiner laufenden, weltweiten Informationskampagne „Say Yes to Cannabis as Medicine“ erstellt. Eine Literaturliste zu den neuesten wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Thema Cannabis & Krebs findet sich hier.

Cannabis wird bei schweren Krankheiten wie Krebs, Multiple Sklerose, Appetitlosigkeit und Übelkeit bei Chemotherapie, Epilepsie, chronischen Schmerzen, schweren Depressionen, Posttraumatischer Belastungsstörung oder chronisch-entzündlichen Krankheiten erfolgreich eingesetzt.

Am 19. April 2016 hat die MCD auf der bekannten -Plattform Indiegogo eine zweimonatige Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen, um Videos und Kurse in den wichtigsten zehn Weltsprachen für die Aufklärungskampagne zu finanzieren. Nach zwei Wochen sind 6 % der Zielsumme von 85.000 € erreicht. Die Kampagne läuft noch bis Mitte Juni: „Say Yes to Cannabis as Medicine“.

- Zwei Videos zu „Cannabis als Medizin“.

- Erster Teil des Kurses „Cannabis als Medizin“.

Das Ziel der Kampagne besteht darin, Patienten einen besseren Zugang zu Cannabis als Medizin zu ermöglichen. Nur etwa zehn von 200 Ländern auf dieser Welt ermöglichen ihren Bürgern eine medizinische Nutzung von Cannabis. Weitere 20 Länder haben gesetzliche Grundlagen, die Cannabis-basierte Medikamente in Sonderfällen ermöglichen und in über 150 Ländern gibt es weiterhin keinen legalen Zugang zu dieser Medizin.

Besonderer Dank gilt den Silber-Spendern der Crowdfunding-Kampagne HempConsult (Düsseldorf) und MH medical hemp (Berlin) sowie Dr Bronner (USA), dem Platinum-Spender der MCD. Weitere Spender sind sehr willkommen.

Den Fortschritten der Aktion kann man auf Twitter unter dem Haschtag #YestoMedicalCannabis folgen.

Über Medical Cannabis Declaration e.V. (MCD)

Eine Gruppe aus Medizinern und Patienten hat den gemeinnützigen Verein „The Cannabis Delcaration (MCD)“ gegründet, um die Anerkennung von Cannabis als Medizin zu fördern und als medizinisches Recht einzufordern.

Der gemeinnützige Verein MCD wurde von weltweit führenden Medizinern und Patienten am 16. Februar 2013 in Rüthen ins Leben gerufen, die davon überzeugt sind, dass der Zugang zu Cannabis als Medizin nicht durch Geographie bestimmt sein sollte. Ziel ist die weltweite Förderung der sicheren und regulären Verschreibung und Nutzung von Cannabis als Medizin. MCD ist Teil einer wachsenden Bewegung, die die negative Wahrnehmung von Cannabis ändern und die Anerkennung seines medizinischen Nutzens sicherstellen will. Die MCD stützt sich ausschließlich auf wissenschaftliche Studien zur medizinischen Nutzung der Cannabispflanze.

Bundeskabinett verabschiedet Gesetzentwurf zu Cannabis als Medizin

Die Bundesregierung hat am 04. Mai 2016 den von Bundesgesundheitsminister Gröhe (CDU) vorgeschlagenen Gesetzentwurf zur Verbesserung der deutschen Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis sowie standardisierten Cannabisblüten verabschiedet. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung entspricht weitgehend dem am 07. Januar 2016 vorgestellten Referentenentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium.

Es gibt jedoch einige, überwiegend positive Änderungen im Vergleich zur früheren Version.

1. War Cannabis im Referentenentwurf aus der Anlage I des Betäubungsmittelgesetzes der nicht verkehrsfähigen und nicht verschreibungsfähigen Substanzen in die Anlage III der verschreibungsfähigen Betäubungsmitteln umgestuft worden, so betrifft die Umstufung im Gesetzentwurf der Bundesregierung Cannabis „nur aus einem Anbau, der zu medizinischen Zwecken unter staatlicher Kontrolle gemäß den Artikeln 23 und 28 Absatz 1 des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe erfolgt, sowie in Zubereitungen, die als Fertigarzneimittel zugelassen sind“ (Seite 5 und 6 des Gesetzentwurfes). Damit wird die medizinische Ausrichtung des Gesetzes unterstrichen.

2. Es heißt nunmehr: „Mit der durch die vorliegende Änderung bewirkten Herstellung der betäubungsmittelrechtlichen Verkehrs- und Verschreibungsfähigkeit für weitere Cannabisarzneimittel, also Cannabis zu medizinischen Zwecken, soll schwerwiegend Erkrankten zur Linderung ihrer Leiden der Zugang zu weiteren Cannabisarzneimitteln betäubungsmittelrechtlich ermöglicht werden, wenn eine ärztliche Therapie mit sämtlichen für die Behandlung der vorliegenden Erkrankung oder Symptomatik zugelassenen bzw. verfügbaren und verkehrsfähigen anderen Arzneimitteln keine weiteren Erfolge gezeigt hat“ (Seite 19 des Gesetzentwurfes). Im Referentenentwurf war von „insbesondere schwerwiegend chronisch Erkrankten“ die Rede. Damit wurde eine Ausweitung des betroffenen Patientenkreises vorgenommen.

3. War im Referentenentwurf vom 07. Januar 2016 noch die Rede davon, dass Patienten nur die Kosten einer Behandlung erstattet werden, wenn „die oder der Versicherte sich verpflichtet, an einer bis zum 31. Dezember 2018 laufenden Begleitforschung zum Einsatz dieser Arzneimittel teilzunehmen“, so heißt es nunmehr, wenn „die oder der Versicherte sich verpflichtet, an einer bis zum [einsetzen: Datum des letzten Tages des auf das Inkrafttreten folgenden 60. Monats] laufenden nicht-interventionellen Begleiterhebung zum Einsatz dieser Arzneimittel teilzunehmen“ (Seite 9 des Gesetzentwurfes). Zudem wird zusätzlich präzisiert: „Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt, die oder der die Leistung nach Satz 1 verordnet, übermittelt die für die Begleiterhebung erforderlichen Daten dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in anonymisierter Form. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte darf die nach Satz 4 übermittelten Daten nur in anonymisierter Form und nur zum Zweck der wissenschaftlichen Begleiterhebung verarbeiten und nutzen.“

Damit wird der Kritik am Zwang zur Teilnahme an der Begleitforschung Rechnung getragen. Nunmehr ist sichergestellt, dass keine personenbezogenen Daten an die Behörde weitergeleitet werden, sondern nur anonymisierte Daten. Zudem wird die Dauer der Begleiterhebung deutlich auf 5 Jahre verlängert, was zuverlässigere Aussagen zur Wirksamkeit von Cannabisprodukten bei verschiedenen Erkrankungen erlauben wird.

4. Im Referentenentwurf hieß es noch: „Eine Ärztin oder ein Arzt soll Cannabisarzneimittel als Therapiealternative dann anwenden können, wenn sie oder er die durch Studien belegten schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten auch unter Berücksichtigung von Nebenwirkungen ausgeschöpft hat.“ Im Gesetzentwurf der Bundesregierung heißt es nunmehr: „Eine Ärztin oder ein Arzt soll Cannabisarzneimittel als Therapiealternative dann anwenden können, wenn sie oder er die durch Studien belegten schulmedizinischen Behandlungsmöglichkeiten auch unter Berücksichtigung von Nebenwirkungen im Ausmaß einer behandlungsbedürftigen Krankheit, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eintreten werden, ausgeschöpft hat“ (Seite 21 des Gesetzentwurfes). Damit kommt der aktuelle Gesetzesentwurf einem Bedenken der ACM entgegen, dass die Möglichkeit einer Therapie mit Cannabisprodukten auch dann möglich sein muss, wenn eine alternative Standardtherapie zwar akut gut verträglich und wirksam ist, jedoch langfristig deutlich stärkere Nebenwirkungen verursachen kann. Siehe: Stellungnahme der ACM zum Referentenentwurf.

In der Stellungnahme der ACM hieß es: „3. Es gibt Fälle, in denen eine Therapie mit Cannabisprodukten einer Behandlung mit zugelassenen Medikamenten vorzuziehen ist, weil die Behandlung mit Cannabisprodukten der Standardtherapie hinsichtlich des therapeutischen Erfolges und der akuten Nebenwirkungen gleichwertig ist, die Standardtherapie jedoch langfristig mit stärkeren unerwünschten Wirkungen, eventuell sogar tödlichen Folgewirkungen der Therapie, assoziiert sein kann. So sind beispielsweise mögliche gravierende Langzeitschäden durch immunsuppressive Medikamente zur Behandlung chronisch-entzündlicher Erkrankungen bekannt. Es ist deshalb notwendig, dass die Verpflichtung der Krankenkassen zur Kostenerstattung auch die langfristige Nutzen-Risiko-Bewertung berücksichtigt.

Presseschau: Cannabis als Medizin (Bundesministerium für Gesundheit)

Hier die Pressemitteilung des BMG nach der Kabinettsentscheidung.

Cannabis als Medizin

Das Bundeskabinett hat heute mit einem Gesetzentwurf Verbesserungen bei der Versorgung von schwerkranken Patientinnen und Patienten mit Cannabisarzneimitteln beschlossen.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe: "Unser Ziel ist, dass schwerkranke Menschen bestmöglich versorgt werden. Wir wollen, dass für Schwerkranke die Kosten für Cannabis als Medizin von ihrer Krankenkasse übernommen werden, wenn ihnen nicht anders geholfen werden kann. Außerdem wollen wir eine Begleitforschung auf den Weg bringen, um den medizinischen Nutzen genau zu erfassen."

Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher und anderer Vorschriften soll schwerwiegend erkrankten Patientinnen und Patienten, die keine Therapiealternative haben, nach entsprechender Indikationsstellung durch die Ärztin oder den Arzt ermöglicht werden, getrocknete Cannabisblüten und Cannabisextrakte in kontrollierter Qualität auf ärztliche Verschreibung in Apotheken zu erhalten, ohne dass dabei die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs gefährdet wird.

Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler: "Der Einsatz von Cannabis als Medizin in engen Grenzen ist sinnvoll und muss gleichzeitig noch näher erforscht werden. Beides setzen wir auf meine Initiative hin um. Cannabis ist keine harmlose Substanz, daher darf es auch keine Legalisierung zum reinen Privatvergnügen geben. Es ist für die medizinische Anwendung gedacht. Wir nutzen also das Potential, ohne die Gesundheit der Menschen aufs Spiel zu setzen. Das ist moderne Drogen- und Gesundheitspolitik."

Presseschau: Ab 2017 gibt es Cannabis auf Kassenrezept (Die Welt)

Wie bereits im Januar bei der Ankündigung des Referentenentwurfs hat die Bundesregierung auch diesmal Die Welt als Medium für die Pressearbeit verwendet.

Ab 2017 gibt es Cannabis auf Kassenrezept

Auf dieses Gesetz warten schwer kranke Schmerzpatienten in Deutschland schon lange: Gesundheitsminister Gröhe will Cannabis als Arznei auf Kassenrezept zulassen. Im Frühjahr 2017 soll es so weit sein.

Diese Geschichte ist ein Beispiel dafür, dass Welten zwischen den Politikern im Berliner Regierungsviertel und all den anderen Menschen direkt drumherum liegen können. Es geht um die Verantwortlichen im Bundesgesundheitsministerium und im Bundestag, die sich in ihrem Regierungsalltag und in ihrer Parlamentsarbeit in einer eigenen Zeitrechnung bewegen. Und es geht um Patienten, die nur wenige Hundert Meter entfernt in der Berliner Charité ein ganz anderes Zeitempfinden durchleben als ihre Volksvertreter nebenan.

Im Mittelpunkt steht das Vorhaben von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe(CDU), künftig mehr schwer kranken Schmerzpatienten eine Behandlung mit Cannabis zu ermöglichen – und zwar auf Kassenrezept. Vor einem Jahr schon hatte die im Gesundheitsministerium zuständige Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) das Vorhaben angekündigt.

Seither kursierte hinter den Kulissen ein Gesetzentwurf, der unter anderem vorsieht, den steigenden Bedarf an Medizinalhanf über einen staatlich kontrollierten Anbau in Deutschland zu decken. Ein großer Schritt für ein Ministerium unter Führung der Union, die sich seit jeher für eine strikte Drogenpolitik eingesetzt hat. Es wurde hin und her diskutiert im Bundeskabinett und sondiert in den Koalitionsfraktionen von Union und SPD. Auch ein EU-Notifizierungsverfahren in Brüssel musste durchlaufen werden.

An diesem Mittwoch nun soll das Gesetz im Kabinett verabschiedet werden und auf den Weg durch den Bundestag gebracht werden. "Ohne dem Bundestagvorgreifen zu wollen, ist es wahrscheinlich, dass das Gesetz spätestens im Frühjahr 2017 in Kraft treten kann", sagt Minister Gröhe der "Welt".

Bislang werden 5500 Patienten mit Cannabis behandelt

Damit wäre das Gesetz ziemlich genau zwei Jahre nach der ersten öffentlichen Ankündigung in Kraft. Aus Gröhes Sicht und auch nach dem Zeitgefühl der meisten Parlamentarier ist diese Dauer nicht außergewöhnlich lang. Wenn es nicht absolut dringend ist – wie etwa bei der Bankenrettung 2008 oder Hilfspaketen für Griechenland –, können schon mal zwei Jahre verstreichen von der Grundsatzentscheidung im Fachministerium bis zu dem Tag, an dem die Betroffenen in ihrem Alltag die Neuerung tatsächlich zu spüren bekommen.

Vielen Schmerzpatienten kommen die zwei Jahre sicherlich wie eine schwer erträgliche Hängepartie vor. Denn sie können die Kosten einer Cannabisbehandlung nicht aus eigener Tasche bezahlen und hoffen deshalb auf Kostenerstattung durch ihre Krankenkasse.

Bisher bekommen in Deutschland rund 5000 Patienten Cannabiswirkstoffe in Form von Tropfen oder Sprays. Etwa 500 Kranke werden aufgrund von Sondergenehmigungen mit Cannabisblüten zum Rauchen versorgt. Dieser Bedarf wurde bisher mit Importen vor allem aus den Niederlanden gedeckt. Mitunter mussten diese Patienten schon wegen Lieferengpässen bei den Produzenten längere Wartezeiten in Kauf nehmen.

"Unser Ziel ist, dass schwer kranke Menschen bestmöglich versorgt werden", sagte Gröhe. "Wir wollen, dass für Schwerkranke die Kosten für Cannabis als Medizin von ihrer Krankenkasse übernommen werden, wenn ihnen nicht anders geholfen werden kann." Insbesondere werde eine Erstattungsmöglichkeit von Cannabis in Form getrockneter Blüten geschaffen.

"Außerdem wollen wir eine Begleitforschung auf den Weg bringen, um den medizinischen Nutzen genau zu erfassen." Um weitere Erkenntnisse zur Wirkung dieser Cannabisarzneimittel zu erlangen, werde die Erstattung an eine wissenschaftliche Begleiterhebung geknüpft. Wie die Patienten verpflichtet werden können, an der begleitenden Studie teilzunehmen, sobald sie das Kassenrezept einlösen, ist umstritten.

So fordert der Deutsche Hanf Verband eine freiwillige Teilnahme. "Die vorgesehene Zwangsforschung am Patienten bei Kostenerstattung durch die Krankenkassen ist beispiellos und kaum akzeptabel", kritisiert Verbandsgeschäftsführer Georg Wurth. Weitere Forschung sei zwar dringend nötig, sollte aber auf freiwilliger Basis stattfinden.

Versorgungsengpässe wahrscheinlich

Der Hanfverband beharrt außerdem weiter auf eine Zulassung von Eigenanbau durch die Patienten. "Nur so können sie die große Sortenvielfalt des Hanfes optimal für ihre Krankheiten nutzen", erklärt Wurth. Außerdem würde der Eigenanbau viel Geld bei den Krankenkassen einsparen. "Die Gerichte haben dafür ja eindeutig grünes Licht gegeben."

In den ersten Monaten nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes könnte es für die Betroffenen womöglich zu Wartezeiten kommen. Denn Experten rechnen damit, dass die Gesetzesänderung dazu führt, künftig rund 800.000 Patienten im Jahr mit medizinischem Cannabis auf Rezept zu versorgen. Der entsprechende Nachfragezuwachs nach Medizinalhanf soll über einen staatlich kontrollierten Anbau in Deutschland gedeckt werden; doch die Voraussetzungen dafür werden bis zum Frühjahr 2017 voraussichtlich nicht erfüllt werden.

Das gesteht auch Gröhe ein. "Bis der staatlich kontrollierte Anbau in Deutschland, der eine Cannabisagentur voraussetzt, erfolgen kann, wird die Versorgung mit Medizinalhanf über Importe gedeckt werden", sagt der Minister.

Doch da es bereits – bei deutlich geringeren Patientenzahlen – zu Lieferengpässen kam, müssen sich die Patienten auf Wartezeiten einstellen. Auch das fällt dann wohl unter die Rubrik: unterschiedliche Zeitrechnungen.

Presseschau: Krankenkassen sollen Cannabis-Medikamente bezahlen (Frankfurter Rundschau)

Wie viele andere Medien berichtete danach auch die Frankfurter Rundschau vom Beschluss des Bundeskabinetts.

Krankenkassen sollen Cannabis-Medikamente bezahlen

Menschen mit multipler Sklerose, Querschnittslähmung oder Nervenverletzungen dürften aufatmen: Wenn alle Schmerzmittel versagen, sollen Ärzte künftig cannabishaltige Medikamente verschreiben dürfen.

Die Bundesregierung will eine bessere Behandlung schwerkranker Menschen mit Cannabis ermöglichen. Dem Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) zufolge sollen Ärzte ihren Patienten getrocknete Cannabis-Blüten und Cannabisextrakte verschreiben können, wenn ihnen mit anderen Schmerzmitteln nicht mehr geholfen werden kann. Die Kosten dafür sollten von der Krankenkasse übernommen werden, sagte Gröhe am Mittwoch in Berlin. Die Deutsche Schmerzgesellschaft begrüßte den Kabinettsbeschluss. Er wird nun dem Bundestag zugeleitet.

Das Gesetz könnte im Frühjahr 2017 in Kraft treten.

Gröhe sagte: „Unser Ziel ist es, dass schwerkranke Menschen bestmöglich versorgt werden.“ Um den medizinischen Nutzen der Cannabis-Arzneien zu erfassen, solle eine Begleitforschung angestoßen werden. Wer als Patient die Kosten von der Krankenkasse erstattet haben wolle, solle sich an den wissenschaftlichen Erhebungen beteiligen. Der behandelnde Arzt würde dann in anonymisierter Form die Diagnose, Therapie und die verabreichte Dosis dokumentieren. Darüber hinaus fänden „keine zusätzlichen Eingriffe statt“, sagte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums.

Der Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte weiter, bereits heute gebe es rund 650 Patienten, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) eine Ausnahmegenehmigung für Cannabis-Medikamente erhalten hätten. Je nach Bedarf an getrockneten Cannabisblüten fielen dabei im Monat zwischen 540 bis 1.800 Euro an Kosten an.

Anbau soll erlaubt werden

Dem Gesetzentwurf zufolge soll auch der Anbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken in Deutschland erlaubt werden. Voraussetzung dafür sei die Einrichtung einer staatlichen Cannabisagentur beim BfArM. Bis der Bedarf aus eigenen Pflanzen gedeckt sei, solle Hanf aus dem Ausland importiert werden. Einer der wichtigsten Lieferanten sollen die Niederlande sein, wie es hieß.

Die Deutsche Schmerzgesellschaft nahm den Beschluss positiv auf. In Einzelfällen könnten speziell ausgewählte Patienten, bei denen gebräuchliche Schmerzmittel versagen, von der Anwendung der Cannabis-Arzneien „sehr stark profitieren“, sagte Präsident Michael Schäfer. Dies scheine insbesondere auf Menschen mit multipler Sklerose, einer Querschnittslähmung oder Nervenverletzung zuzutreffen. Auch manche Patienten mit neuropathischen Schmerzen bei HIV, könnten in Einzelfällen eine deutliche Linderung erfahren.

Schäfer mahnte jedoch eine differenzierte Sicht an und verwies auf die derzeit noch schwache Studienlage. Nach heutigem Wissensstand zeige sich bei den meisten chronischen Schmerzpatienten nur eine geringe bis mäßige Schmerzlinderung durch Cannabinoide, sagte Schäfer.

Die Grünen im Bundestag kritisierten den Gesetzentwurf der Bundesregierung. „Die Vorschläge von Gesundheitsminister Gröhe verbessern die Behandlungssituation von Betroffenen nur marginal“, erklärte der Sprecher für Drogen- und Suchtpolitik, Harald Terpe. Er bemängelte, dass sich schwerkranke Patienten an den wissenschaftlichen Erhebungen beteiligen müssten. Weiterhin kritisierte er, dass die cannabishaltigen Medikamente erst dann verschrieben werden sollen, wenn alle anderen Behandlungsmöglichkeiten erfolglos geblieben seien.

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Presseschau: 130 Patienten beantragen Cannabis-Eigenanbau (Deutsche Apotheker Zeitung)

Die ACM hatte in den ACM-Mitteilungen vom 26. März 2016 Erlaubnisinhabern für eine medizinische Verwendung von Cannabisblüten aus der Apotheke geraten, einen Antrag auf Eigenanbau zu stellen. Damit wirklich nur ein Antrag gestellt wird, sollte die Formulierung von der ACM-Webseite verwendet werden. Personen mit geringen Einkünften haben einen Anspruch auf eine Befreiung von den Kosten eines solchen Antrags. Eine solche Befreiung sollte gleichzeitig mit dem Antrag beantragt werden. Sonst kostet ein Antrag 75 Euro. Der ACM-Vorstand hat beschlossen, Patienten auf Antrag diese 75 Euro zu erstatten, wenn sie ein geringes Einkommen haben, aber dennoch mit ihrem Antrag auf Befreiung von den Kosten gescheitert sind. Der ACM-Vorstand möchte damit sicherstellen, dass ein solcher Antrag nicht an den Kosten scheitert.

130 Patienten beantragen Cannabis-Eigenanbau

Normalerweise geht pro Monat ein Antrag auf Selbstanbau von Cannabis beim BfArM ein, doch in den letzten Wochen waren es insgesamt 130. Anfang April war der Eigenanbau bei einem Patienten in letzter Instanz als rechtens beurteilt worden. Noch ist offen, ob und wie viele weitere Patienten eine Genehmigung bekommen.

Ein Patient darf, doch viele wollen: Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts besteht vielerorts Hoffnung, dass der Eigenanbau von Cannabis zu medizinischen Zwecken genehmigt werden könnte. In letzter Instanz hatten die Richter in Leipzig entschieden, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einem schwerkranken Patienten die Cannabis-Zucht erlauben müsse, da die Kassen die Kosten bisher nicht übernehmen und er sich Medizinalhanf aus der Apotheke nicht leisten kann.

Im vergangenen Jahr beantragte pro Monat ungefähr ein Patient den Cannabis-Eigenanbau beim BfArM. „In keinem Fall wurde eine Erlaubnis erteilt“, so ein Sprecher auf Anfrage von DAZ.online. Da das Gericht in seinem Urteil dem BfArM überhaupt keinen Ermessensspielraum bei der Entscheidung über den Selbstanbau eingeräumt hat, sondern die Behörde praktisch zur Genehmigung zwang, versuchen nun viele Patienten das gleiche. „Seit Mitte März 2016 sind im BfArM 130 neue Anträge auf Erteilung einer Erlaubnis zum Anbau von Cannabis eingegangen“, schreibt der Behördensprecher.

Eigenanbau wird die Ausnahme bleiben

Offen bleibt jedoch, ob sich der Erfolg des ersten Patienten wiederholen wird. Das BfArM prüfe jeden Antrag individuell „und wird dabei künftig auch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtigen“, so die Behörde. „Der Eigenanbau von Cannabis kann aber auch künftig nur im Einzelfall erlaubt werden.“

Aus Sicht des BfArM kann eine medizinisch sinnvolle und qualitätsgesicherte Versorgung der Patienten nicht mit selbst hergestellten Arzneimitteln unbekannter Qualität sichergestellt werden. „Voraussetzung für eine medizinisch vertretbare Therapie ist die Bereitstellung von Cannabisprodukten in Arzneimittelqualität, deren Wirkstoffgehalt bekannt ist“, schreibt der Sprecher – da sich nur so Über- und Unterdosierungen sowie qualitätsbedingte Schädigungen sicher vermeiden ließen.

Das Gesetz hilft nicht in allen Fällen

Es dürfte also nur eine verschwindende Anzahl der 130 Anträge Aussicht auf Erfolg haben. Das geplante Gesetz zur Rezept- und Erstattungsfähigkeit von Cannabis wird den betroffenen Patienten erstmal nicht helfen können, denn bis zu einer möglichen Verabschiedung dürften noch Monate ins Land gehen. Außerdem sind auch in der Zukunft Auseinandersetzungen zu erwarten, bei welchen Patienten eine schwerwiegende chronische Erkrankung ohne allgemein anerkannte Therapiealternative vorliegt. Nach Ansicht des Rechtsanwalts Oliver Tolmein, der die erste Genehmigung für den Eigenanbau erstritten hat, wird das BfArM sich auch nach Inkrafttreten des geplanten Gesetzes dem Thema beschäftigen müssen. Um zu entscheiden, welcher Patient in den heimischen vier Wänden die Pflanzen aufziehen darf.

Presseschau: Kein Cannabis auf Hartz-IV oder Kassenrezept (Pressemitteilung 1/2016 des Sozialgerichts Trier)

Das Sozialgericht Trier hat geurteilt, dass Patienten mit einer Ausnahmeerlaubnis für die Verwendung von Cannabisblüten nach der gegenwärtigen Gesetzeslage keinen Anspruch auf eine Kostenerstattung durch staatliche Stellen oder die gesetzliche Krankenversicherung haben.

Kein Cannabis auf Hartz-IV oder Kassenrezept

Das Sozialgericht Trier hat in zwei Beschlüssen einen Anspruch auf Versorgung einer 30-jährigen Hartz-IV-Empfängerin mit Cannabis-Blüten (monatlich 45 Gramm zum Apothekenabgabepreis von über 700 Euro) zur Behandlung ihrer Gesundheitsstörungen abgelehnt. Es handele sich weder um einen berücksichtigungsfähigen Mehrbedarf eines Leistungsempfängers nach dem SGB II, noch um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.

Zur Behandlung der zahlreichen Krankheitsbilder der Antragstellerin (u. a. ADHS, Morbus Crohn, Untergewicht und Schmerzen) stünden eine ganze Palette allgemein anerkannter, dem medizinischen Standard entsprechender Leistungen und Leistungserbringer zur Verfügung. Der ärztlich empfohlene Cannabis-Konsum könne daher nicht als alternativlose neue Behandlungsmethode angesehen werden. Nach dem Gesetz dürften neue Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen in der vertragsärztlichen Versorgung generell nur erbracht werden, wenn zuvor der Gemeinsame Bundesausschuss entsprechende Empfehlungen abgegeben oder der Gesetzgeber ausdrücklich entsprechende Normierungen vorgenommen habe. Beides sei bislang nicht erfolgt.

Zwar gebe es aktuell politische Bestrebungen, diese Gesetzeslage für den Bereich der Krankenversicherung zu ändern; nach einem vorliegenden Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit sei beabsichtigt, in Zukunft eine betäubungsmittelrechtliche Verschreibungsfähigkeit für weitere Cannabis-Arzneimittel herzustellen. Dabei handele es sich aber nicht um geltendes Recht, sondern um rechtspolitische Zukunftspläne. Die (Sozial-)Gerichte seien nicht befugt, dem Gesetzgeber insoweit vorzugreifen, zumal noch nicht einmal feststehe, ob, wann und mit welchem konkreten Regelungsgehalt die beabsichtigten Bestimmungen jemals in Kraft treten.

Presseschau: Führerscheinverlust auch bei therapeutischem Cannabiskonsum (Schwäbische.de)

Wer die gegenwärtigen Gesetze zur Fahrtüchtigkeit (Straßenverkehrsgesetz) und Fahreignung (Fahrerlaubnisverordnung) nach ihrem konkreten Wortlaut und nicht nach der offensichtlichen Absicht des Gesetzgebers auslegt, wer also seinen Denkapparat nicht einschaltet, der kann als Mitarbeiter einer Führerscheinstelle die therapeutische Verwendung von Cannabisblüten unter der Aufsicht eines Arztes genauso behandeln wie einen illegalen Cannabiskonsum.

Führerscheinverlust auch bei therapeutischem Cannabiskonsum

Wer Cannabis konsumiert, riskiert als Autofahrer den Führerschein. Auch, wenn er die Droge aus therapeutischen Gründen nimmt. Das teilt der ADAC mit und verweist auf eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Münster (Az.: 16 A 322/15).

Im verhandelten Fall stellte die Polizei bei einer Verkehrskontrolle eine THC-Konzentration von 4,8 ng/ml bei einem Autofahrer fest. Die Behörden wiesen daraufhin an, den Führerschein des Fahrers einzuziehen.

Der Autofahrer klagte. Als Patient mit chronischen Schmerzen sei ihm vom Krankenhauspersonal geraten worden, hin und wieder Cannabis zu konsumieren. Er wies außerdem darauf hin, dass er sich erst 15 Stunden nach Einnahme ans Steuer setzte und keinerlei Wirkung der Droge verspürte.

Das Gericht sah das anders und bekräftigte den Entzug des Führerscheins. Bereits bei 1 ng/ml werde eine abstrakte Gefährdung angenommen. Unabhängig davon sei es unerheblich, ob der Fahrer die Drogenwirkung spürt.