Veröffentlicht
Zuletzt aktualisiert
Lesezeit

ACM-Mitteilungen vom 12. September 2015

Authors

Entwicklung des Cannabisbedarfs für Erlaubnisinhaber sowie der Zahl der Erlaubnisinhaber

Frank Tempel (Die Linke) stellte zum Cannabisbedarf von Erlaubnisinhabern durch die Bundesopiumstelle eine schriftliche Frage an die Bundesregierung. Dabei ging es darum zu erfahren, wie hoch die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ermittelte Gesamtbedarfsmenge an medizinischem Cannabis sowie die tatsächliche Verkehrsmenge in den Jahren 2014 und 2015 war. Am 20. August 2015 antwortete Ingrid Fischbach, parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium wie folgt:

"Die Importeure von Cannabis zur medizinischen Anwendung orientieren ihren Bedarf in erster Linie an den Bestellungen der Apotheken. Darüber hinaus erhalten die am Import von Cannabis zur medizinischen Anwendung beteiligten Händler regelmäßig Mitteilungen über die aktuelle Anzahl der Erlaubnisinhaber sowie den maximalen 4-Wochenbedarf (berechnete kg Tetrahydrocannabinol - THC), der sich aus der Summe der in den ärztlichen Betreuungserklärungen eingetragenen maximalen 4-Wochen Bedarfsmengen je Patientin oder Patient ergibt.

Nachfolgende Informationen wurden im Jahr 2014 und im Jahr 2015 an die Importeure weitergegeben:

April 2014: 230 Patientinnen und Patienten mit einem maximalen 4-Wochenbedarf von 1,896 kg THC gemäß der Betreuungserklärung ihrer Ärzte.

Juli 2014: 253 Patientinnen und Patienten mit einem maximalen 4-Wochenbedarf von 2,100 kg THC gemäß der Betreuungserklärung ihrer Ärzte.

Oktober 2014: 289 Patientinnen und Patienten mit einem maximalen 4-Wochenbedarf von 2,540 kg THC gemäß der Betreuungserklärung ihrer Ärzte.

April 2015: 377 Patientinnen und Patienten mit einem maximalen 4-Wochenbedarf von 3,500 kg THC gemäß der Betreuungserklärung ihrer Ärzte.

Juli 2015: 463 Patientinnen und Patienten mit einem maximalen 4-Wochenbedarf von 4,200 kg THC gemäß der Betreuungserklärung ihrer Ärzte.

Die Angaben stellen den jeweils aktuellen Bedarf dar und können wegen der sich ständig verändernden Patientenzahlen nicht auf einen Jahresbedarf hochgerechnet werden. Sie sind als Grundlage für die Importeure nur bedingt geeignet, weil Patientinnen und Patienten zum Teil keinen oder nur unregelmäßigen Gebrauch von der Erlaubnis machen.

Nachfolgende Mengen an Cannabisblüten zur medizinischen Anwendung wurden im Jahr 2014 und im ersten Halbjahr 2015 nach Deutschland importiert:

Erstes Halbjahr 2014: 34,35 kg

Zweites Halbjahr 2014: 14,125 kg

Erstes Halbjahr 2015: 40,025 kg“

Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage, warum das angekündigte Gesetz zur Kostenübernahme für Medikamente auf Cannabisbasis erst 2016 verabschiedet werden soll

Frank Tempel (Die Linke) hat der Bundesregierung eine weitere Frage zum Thema Cannabis als Medizin gestellt. In der Antwort ist davon die Rede, dass die Arbeiten zum Gesetz aufgenommen worden seien.

Frage: „Welche sachlichen Gründe und Widersprüche zwischen den zuständigen Ressorts haben die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler, dazu veranlasst, ihr Versprechen vom Februar 2015, wonach noch im Jahr 2015 mit einer Gesetzesinitiative zur Kostenübernahme von Cannabisarzneien durch die Krankenkassen zu rechnen gewesen sei (www.welt.de/newsticker/news1/article137055755/Cannabis-Konsum-fuerSchwerkranke- soll-erleichtert-werden.html), zu brechen und sie stattdessen nun von einer entsprechenden Gesetzesinitiative bis spätestens 2016 ausgeht (www.abgeordnetenwatch.de/marlene_mortler-778-78346-f436419.html#g436419)?“

Antwort der parlamentarischen Staatssekretärin Ingrid Fischbach vom 25. August 2015: „Die von der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Abgeordnete Marlene Mortler, angekündigten Arbeiten für eine entsprechende Gesetzesinitiative sind im Bundesministerium für Gesundheit (BMG) aufgenommen worden. Das BMG prüft, wie die Bedingungen, unter denen Cannabis zu medizinischen Zwecken angewendet werden kann, zeitnah so angepasst werden können, dass solche Patientinnen und Patienten, denen erwiesenermaßen nur durch Medizinalcannabis geholfen werden kann, in dem erforderlichen Umfang therapeutisch behandelt werden können. Dazu gehört auch die Frage einer Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung. Die konkrete Ausgestaltung eines Gesetzentwurfes befindet sich in der internen Prüfung und Abstimmung, nach deren Abschluss die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten wird.“

Mitarbeiterinformation des Polizeipräsidenten in Berlin zum Umgang mit Patienten, die über eine Erlaubnis zum Konsum von Medizinal Cannabisblüten verfügen

Der Vorsitzende der ACM, Dr. Franjo Grotenhermen, schrieb am 8. August 2015 einen Brief an den Polizeipräsidenten in Berlin, in der es um die Frage des Umgangs von Polizeibeamten mit Erlaubnisinhabern geht.

In dem Schreiben heißt es:

"Ich bitte um Mitteilung, wie die Berliner Polizeibeamten verfahren sollen oder verfahren, wenn sie nicht unmittelbar klären können, ob eine Person, die Cannabisblüten sowie eine Kopie der Erlaubnis durch die Bundesopiumstelle mit sich führt, in der Tat Erlaubnis¬inhaber ist, weil weder die Bundesopiumstelle noch der behandelnde Arzt erreichbar sind.

Geht die Berliner Polizei in diesem Fall von einem Vorliegen einer Gefahr im polizei¬rechtlichen Sinne aus oder nur von einem Gefahren¬verdacht, so dass aufgrund der bestehenden Zweifel aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auf der Rechtsfolgen¬ebene lediglich Gefahrerforschungsein-griffe vorgenommen werden, wie beispiels¬weise die Aufnahme der Personalien und die Notierung der BTM-Nummer des Pati¬enten, um zu einem späteren Zeitpunkt die Rechtmäßigkeit des Cannabisbesitzes überprüfen zu können?

Insbesondere bitte ich um Auskunft darüber, ob die Berliner Polizei im Falle von Can¬nabisblüten genauso wie bei anderen Substanzen vorgeht, die sowohl legal als Arz¬neimittel als auch illegal als Rauschmittel verwendet werden können, wie beispiels¬weise Opiate und Benzodiazepine.“

Im Antwortschreiben des Polizeipräsidenten vom 25. August 2015 heißt es:

"Ich kann Ihnen versichern, dass durch die Polizei Berlin bei Kontrollmaßnahmen stets eine sorgfältige und umfassende Sachverhaltsklärung erfolgt. Dies gilt insbesondere, wenn eine Person mit Betäubungsmitteln wie Cannabis angetroffen wird, sich diese Person auf einen Ausnahmetatbestand beruft und angibt, über eine Erlaubnis zu verfügen.

Kann durch die Bundesopiumstelle, den behandelnden Arzt oder die betroffene Person zum Zeitpunkt der Kontrollmaßnahmen der notwendige Nachweis nicht erbracht werden, ist zunächst ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) anzunehmen. Wenn es das Einsatzgeschehen zulässt und der Verdacht mit vertretbarem Aufwand zu entkräften ist, werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Polizei Berlin dies tun (zum Beispiel durch Aufsuchen einer nahegelegenen Wohnanschrift und Einsichtnahme in die Originalunterlagen).

Ansonsten bzw. bei weiterhin bestehendem Verdacht eines Verstoßes, ist der festgestellte Wirkstoff von den Polizeidienstkräften zu beschlagnahmen und eine Anzeige zu fertigen. In diesem Fall kann der Straftatverdacht im Rahmen der Sachbearbeitung vor Abgabe an die Staatsanwaltschaft noch ausgeräumt und das rechtmäßig mitgeführte Betäubungsmittel herausgegeben werden, wenn die Erlaubnis der Bundesopiumstelle vorgelegt werden kann.

Im Sinne eines konfliktfreien und aufwandsarmen Kontaktes mit der Polizei Berlin ist jedem das Mitführen der Erlaubnis der Bundesopiumstelle und das Einhalten der damit verfügten Auflagen zu empfehlen."

Presseschau: Apothekerschaft soll sich zu Cannabis positionieren (Deutsche Apotheker Zeitung)

Ein von der Landesapothekerkammer Hessen eingebrachter Antrag für den Deutschen Apothekertag fordert eine Positionierung der deutschen Apotheker zum Thema Cannabis.

„Die Apothekerschaft soll sich zum medizinischen Einsatz von Cannabis klar positionieren. Das fordert ein zum Deutschen Apothekertag 2015 (DAT) von der Landesapothekerkammer Hessen eingebrachter Antrag. Es müsse „mit pharmazeutischem Sachverstand Stellung bei der Diskussion um den therapeutischen Einsatz von Cannabis-Produkten“ genommen werden, heißt es darin. Auch der geschäftsführende ABDA-Vorstand hat zum Thema Cannabis einen Antrag eingebracht. Die Standesführung hatte sich in der öffentlichen, medial intensiv begleiteten Diskussion spät geäußert.

Seit geraumer Zeit wird immer wieder über den Einsatz von Cannabis zu medizinischen Zwecken diskutiert. Derzeit prüft die Bundesregierung rechtliche Regelungen zur Verschreibungs- und Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln auf Cannabis-Basis. Die Apothekerschaft müsse hier Stellung beziehen, findet man in Hessen – und will das Thema beim DAT in Düsseldorf aufs Tapet bringen. Zugleich betonen die Antragsteller, dass der Einsatz wirksamer Cannabis-Inhaltstoffe als Arzneimittel scharf von der Diskussion um die Legalisierung von Cannabis als Genussmittel für die Gesellschaft zu trennen sei.“

Apothekerschaft soll sich zu Cannabis positionieren

Eckpunkte einer sozialdemokratischen Drogenpolitik - Positionspapier des Arbeitskreises Drogenpolitik der SPD

Am 9. September 2015 stellte der drogenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Burkhard Blienert, Koordinator des Arbeitskreises Drogenpolitik der SPD, ein Positionspapier mit dem Titel: Von Repression zu Regulierung – Eckpunkte einer sozialdemokratischen Drogenpolitik vor.

In der Zusammenfassung heißt es:

„Der »Krieg gegen Drogen« und die aktuelle Verbotspolitik sind gescheitert, sowohl mit Blick auf ihren beschränkten Nutzen und ihre enormen Kosten als auch hinsichtlich ihrer fatalen Nebenwirkungen. Die Verbotspolitik hält die Kosument_innen augenscheinlich nicht vom Konsum ab, sondern erschwert und verhindert vielmehr eine effektive wie flächendeckende Prävention und Hilfe. Das Verbot stärkt das Organisierte Verbrechen und unterstützt die Entstehung unkontrollierter Schwarzmärkte, durch welche die Drogen gefährlicher werden, als sie eigentlich sind. Gleichzeitig stigmatisiert und schädigt die strafrechtliche Verfolgung die Konsument_innen und bindet Ressourcen, die besser in der Prävention sowie im Kampf gegen das Organisierte Verbrechen eingesetzt werden könnten. Die Prohibition schützt auf diese Weise weder den/die Einzelne/n noch die Gemeinschaft, sondern schadet letztlich dem Gemeinwohl.“

Hier das Inhaltsverzeichnis:

1 Die Ausgangslage: Warum sich etwas ändern muss

1.1 Lebenswirklichkeit der Konsument_innen: Warum die Verbotspolitik schadet

1.2 Die öffentliche Meinung: Warum die Gesellschaft weiter ist als die Politik

1.3 Die verfassungsrechtliche Dimension: Warum das BtMG auf den Prüfstand muss

1.4 Die internationale Dimension: Warum der Blick über die Grenzen nötig ist

1.5 Die SPD-Position: Bedarf für ein umfassendes Konzept

2 Ziele sozialdemokratischer Drogenpolitik

3 Notwendige Politikansätze: Eckpunkte

3.1 Umfassend und ausgewogen

3.2 Differenziert, evidenzbasiert und zielgruppenspezifisch

3.3 Eine neue Cannabispolitik: Regulierung statt Repression

3.4 Jugendschutz unter dem Leitbild des mündigen Jugendlichen

3.5 Internationale Verantwortung anerkennen