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ACM-Mitteilungen vom 29. Juni 2013

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Kundgebung 2013: Impressionen und Fotos von der Kundgebung vor der Bundesopiumstelle in Bonn am 20. Juni

Bonn war eine Reise wert. Die Fahrt hat sich gelohnt. Das Wetter war uns wohl gesonnen - mit Sonnenschein ab 14.30 Uhr. Noch um 12 Uhr herrschte in Bonn ein Unwetter mit Hagel, starkem Regen und Donner. Um 13 Uhr ließ das Unwetter deutlich nach, und um 13:45 Uhr hörte der Regen auf. Dann kam sogar die Sonne durch und schien den ganzen Nachmittag. Es herrschte eine sehr gute Stimmung unter den Teilnehmern, es gab gute Redebeiträge, gute Musik und vielfältige Aktionen.

Fotos 1

Fotos 2

Veranstalter:

Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin e.V. (ACM)

Selbsthilfenetzwerk Cannabis Medizin (SCM)

Unterstützer:

Deutscher Hanf Verband (DHV)

Grüne Hilfe

Cannabis Colonia

Sponsoren durch Spenden für eine Verlosung:

DK Glas

Doktor Hanf

Grow Magazin

Grow NRW

Hanf Zeit

Nachtschatten Verlag

Near Dark

Und viele Läden, die Spendendosen aufgestellt haben.

Kundgebung 2013: Pressemitteilung am Tag der Kundgebung

Am 20. Juni 2013 versammelten sich 150 Patienten und Unterstützer vor der Bundesopiumstelle in Bonn. Damit machten sie auf die schwierige Lage von Schwerkrankenn, die aus medizinischen Gründen auf die Einnahme von Medikamenten auf Cannabisbasis angewiesen sind, aufmerksam. Unter dem Motto „Menschenrechte von Cannabispatienten achten“ forderten sie legalen Zugang zu medizinischen Cannabisprodukten.

Mein Anzeiger

„In Kanada, den Niederlan¬den, Spanien und Israel ist eine adäquate Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten auf Cannabisbasis längst möglich. Dies sollte auch in Deutsch¬land endlich gegeben sein.“, erklärt Dr. Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Canna¬bis als Medizin (ACM), im Vorfeld der Veranstaltung.

Zum Hintergrund: In Deutschland haben vermögende Patienten wesentlich leichter einen Zugang zu medizinischen Cannabisprodukten als weniger vermögende Menschen. Die meisten Pati¬enten können Cannabinoid-Medikamente wie Dronabinol und Sativex nicht bezahlen. Auch Cannabisblüten aus der Apotheke sind für viele Men¬schen, die eine solche Behandlung dringend benöti¬gen und eine entsprechende Ausnahmeerlaubnis der Bundesopiumstelle besitzen, nicht in dem erforderlichen Umfang finanzierbar. In diesem Missstand erkennen die Patienten einen Verstoß gegen die Menschenrechte. Denn nach Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen hat jede Person „das Recht auf einen Lebensstandard, der seine und seiner Familie Gesundheit und Wohl gewähr¬leistet, einschließlich Nahrung, Kleidung, Wohnung, ärztliche Versorgung und notwendige soziale Leistungen“.

„Wenn es um die medizinische Verwendung von Cannabis geht, werden die Menschenrechte von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland vielfach mit Füßen getreten. Dieser Zustand einer Zweiklassenmedizin muss geändert werden“, fordert Gabriele Gebhardt, Sprecherin des Selbsthilfenetzwerks Cannabis Medizin (SCM), das die Kundgebung zusammen mit der ACM organisiert.

Die Veranstalter erklärten, dass die Bundesregierung angesichts des mit der gegenwär¬tigen Lage verbundenen un¬nötigen Leids untätig ist. Die Kundgebung richtet sich ausdrücklich nicht gegen die Mitarbeiter der Bundesopiumstelle, sondern gegen die Verantwortlichen in der Politik, die für die unbefriedigenden Rahmenbedingungen verantwortlich sind. In einem offenen Brief von Pati¬enten mit einer Ausnahmeerlaubnis, der an den Leiter der Bundesopiumstelle, an Bundeskanzlerin Angela Merkel und an Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr im Vorfeld geschickt wurde, heißt es: „(…) wir hoffen auf Ihre Unterstützung einer praktikablen Lösung. Wir möchten Sie daher fragen: Welche Lösung können Sie uns anbieten, damit wir einen vollständigen legalen Zugang zu der für uns notwendigen Behandlung mit Cannabisprodukten erhalten?“

Kundgebung 2013: Reden und Grußworte

Hier einige Auszüge aus den Reden und Grußworten aus Politik, von Verbänden und Patienten.

*Aus der Begrüßung durch Dr. Franjo Grotenhermen (ACM)

„Cannabis ist Medizin.

Wir nehmen Unrecht nicht mehr hin.

Lasst den Kranken ihren Hanf!

Sonst machen wir Euch richtig Dampf.

Lange sind wir still geblieben.

Heute hat‘s uns her getrieben.

Jetzt muss eine Antwort her.

Eine Lösung ist nicht schwer.

Die Menschenrechte sollt Ihr achten.

Die Sache menschlicher betrachten.

Ob christlich, sozial, oder links, liberal.

Besinnt Euch auf Eure Werte.“

*Aus der Rede von Andrej Hunko (Fraktion DIE LINKE, MdB)

„Das Thema rund um den Konsum von Cannabis ist leider immer noch stark ideologisiert. Wissenschaftliche Studien und Expertenanhörungen über die effektive Wirksamkeit zum vielseitigen medizinischen Einsatz von Cannabis werden nach wie vor ignoriert.

DIE LINKE fordert seit langem die Zulassung von Cannabis als Medikament und setzt sich für die Legalisierung des Anbaus zum Eigenbedarf sowie für eine Entkriminalisierung des Konsums im Rahmen der Jugendschutzgesetze ein. Der Vorschlag der LINKEN über die Einführung von Cannabis-Clubs nach spanischem Vorbild wäre ein Schritt in die richtige Richtung.“

*Aus dem Grußwort von Dr. Harald Terpe (Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, MdB)

„Ich finde die Art, wie die offizielle Gesundheitspolitik mit dem Thema umgeht, nach wie vor beschämend. Jede noch so kleine Verbesserung mussten sich die Patientinnen und Patienten bislang selbst vor Gericht erstreiten. Ohne deren Mut und Beharrlichkeit wäre die Situation heute schlechter.“

*Aus der Rede von Andreas Rohde (Piratenpartei, Kandidat bei der Bundestagswahl 2013)

„Es wird allerhöchste Zeit, dass wir Gesetze und Verordnungen konsequent ändern und den Weg frei machen für die vollkommene Achtung der Menschenrechte von Cannabispatienten. Es darf keine Diskussion mehr darüber geben, ob Cannabis als Medikament- egal in welcher Darreichungsform - auf jeden Fall eine Kassenleistung zu sein hat. Die wissenschaftlichen Grundlagen dafür sind längst erbracht.

Es muss auch umgehend - und ohne Gang vor Gerichte - die Möglichkeit zum Eigenanbau geschaffen werden. Es gibt - außer überalterten Dogmen - keinen Grund, das nicht zuzulassen. Und auch die Forschung an den unglaublichen Potentialen von Cannabis darf nicht länger auf Sparflamme betrieben werden.“

*Aus der Rede von Max Plenert (Deutscher Hanfverband)

„Es ist ein Skandal dass die Politik nicht unterscheidet zwischen Genusskonsum und dem Einsatz zu medizinischen Zwecken. Die Prohibition ist Unsinn, das mutwillige Vorenthalten von Medizin ist eine Menschenrechtsverletzung. Patienten haben Therapiefreiheit verdient, so wie es sonst auch selbstverständlich ist.

Der CDU, der SPD und der FDP ist das Schicksal der Kranken völlig egal, ebenso wie alle anderen Bereiche der Drogenpolitik.“

*Aus dem Grußwort von Michael Kleim (Theologe, Schildower Kreis)

„Stell Dir vor, es ist Krieg, und keiner schaut hin!

Seit Jahrzehnten tobt der globale Drogenkrieg und produziert täglich Opfer, systematische Menschenrechtsverletzungen und einen Abbau der Demokratie.

Bei diesem Krieg bleiben auch Patientenrechte und ärztliche Therapiefreiheit auf der Strecke. Es ist beschämend, dass wir hier in Deutschland, in einer gefestigten Demokratie, noch immer um Selbstverständlichkeiten kämpfen müssen – darum, dass Schmerztherapien rechtlich abgesichert werden; darum, dass erkrankte Menschen die bestmögliche Hilfe erhalten; darum, dass eine potente Heilpflanze angewendet werden darf.“

*Aus der Rede von Günter Weiglein (Patient)

„Am 10. Juli werden es drei Jahre, wo ich meinen Antrag auf Eigenanbau gestellt habe und noch immer ist dieser nicht zu Ende entschieden. Die Mitarbeiter des BfArM sind Beamte und führen nur die Anweisungen des übergeordneten Gesundheitsministeriums aus. Dort liegt das eigentliche

Problem.

Es ist ein Unding für eine Heilpflanze demonstrieren zu müssen, welche eigentlich nie verboten war und erst im letzten Jahrhundert aus rein wirtschaftlichen Interessen verboten wurde.

Kein Unrecht hatte bisher auf immer Bestand und so wird auch dieser Irrsinn wieder ein Ende haben.“

*Aus der Rede von Uwe Ciecior (Patient)

„Es kann doch nicht sein, dass Patienten sich aufgrund der hohen Preise für medizinischen Cannabis aus der Apotheke in große finanzielle Schwierigkeiten begeben müssen.

Es kann doch nicht sein, dass Patienten daraufhin Eigenanbauanträge stellten, diese aber mit unverständlichen, nicht nachvollziehbaren Gründen, ohne die notwendige Einzelfallprüfung abgelehnt bekommen haben.

Es kann doch nicht sein, dass Patienten mit Erlaubnis für natürlichen Cannabis keine Möglichkeit bekommen, diesen legal auf Reisen mitzunehmen.“

*Aus der Rede von Gabi Gebhardt (SCM)

„Die schweren Menschenrechts-und Grundrechtsverletzungen durch die politisch Verantwortlichen in der Regierung anzuprangern ist die eine Seite – die andere Seite ist die Frage nach menschlichem Mitgefühl mit Schwerkranken, nach praktischer Solidarität mit den Schwachen und nach zivilem Ungehorsam innerhalb der Gesellschaft. (…) Kein Patient kann warten, bis die Prohibitionisten in der Gesundheitspolitik endlich ein Einsehen haben oder notgedrungen nachgeben müssen. Die Patienten brauchen Cannabis als Medizin sofort – ebenso wie gestern, auch heute und morgen. (…)

Ich schlage deshalb vor eine Anbaugenossenschaft zu gründen.

Eine nicht kommerzielle Anbaugenossenschaft, die der einzigen und mildtätigen Aufgabe dient, die Versorgung der Patienten sicherzustellen,

- die den Anbau für diejenigen Patienten regelt, die selbst nicht anbauen können,

- die denjenigen Patienten bei der Realisierung hilft, die es auch alleine schaffen könnten,

- die ein Netzwerk aus Schirmherren, Sponsoren und Spezialisten aufbaut, um das Projekt zu realisieren.“

Kundgebung 2013: Ein Brief von PatientInnen, die Cannabis aus medizinischen Gründen verwenden

Am 17. Juni schickte Dr. Grotenhermen, Vorsitzender der ACM, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, der Drogenbeauftragten der Bundesregierung Mechthild Dyckmans sowie dem Leiter der Bundesopiumstelle Dr. Cremer-Schäffer im Auftrag der Patienten einen Brief von PatientInnen, die Cannabis aus medizinischen Gründen verwenden, zu. Der Brief trug den Titel „Menschenrechte von Cannabis-Patienten achten“. Ursprünglich hatten die Patienten geplant, dass eine Delegation von PatientInnen dem Leiter der Bundesopiumstelle die Unterschriften übergibt. Der Präsident des BfArM (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte), Prof. Dr. Walter Schwerdtfeger, bat jedoch in einem Schreiben an die ACM um „Ihr Verständnis, dass eine persönliche Übergabe des Briefes nicht stattfinden kann. Der Zutritt zum Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ist während einer vor unserem Hause stattfindenden Demonstration grundsätzlich nur für Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möglich.“

„Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin,

sehr geehrter Herr Minister Bahr,

sehr geehrte Frau Dyckmans,

sehr geehrter Herr Dr. Cremer-Schäffer,

zunächst möchten wir Ihnen herzlich dafür danken, dass wir die Möglichkeit erhalten haben, eine Ausnahmeerlaubnis zur Verwendung von Cannabis im Rahmen einer ärztlich begleiteten Selbsttherapie zu besitzen. Dies ist für uns eine große Erleichterung, da sie uns vor strafrechtlicher Verfolgung weitgehend schützt. Die Möglichkeit, jederzeit strafrechtliche Probleme zu bekommen, war und ist eine schwere Belastung für uns. Einige von uns hatten wegen der medizinischen Cannabisverwendung bereits Probleme mit der Justiz. Wir sind aber keine Verbrecher, sondern Bürger der Bundesre¬publik Deutschland, die ihre Erkrankungen mit einer wirksamen Substanz lindern wollen, nachdem andere Therapien versagt haben oder starke Nebenwirkungen verursachten. Wir möchten Ihnen danken, dass die deutschen Behörden uns erlauben, Cannabis legal aus der Apotheke zu beziehen.

Die Ausnahmeerlaubnis schützt uns allerdings nur „weitgehend“ vor strafrechtlicher Verfolgung, denn wir sind weiterhin auf illegale Quellen angewiesen. Je nach Apotheke kosten die Cannabisblüten, die wir von dort beziehen können, etwa 14 bis 25 Euro pro Gramm. Bei einem durchschnittlichen Tagesbedarf von ein bis zwei Gramm ergeben sich daraus monatliche Kosten von 450 bis 1500 Euro. Keiner der Unterzeichner ist in der Lage, diese Kosten auf die Dauer aufzubringen. Wir sind krank und haben oft nur ein geringes Einkommen. Wir sind darauf angewiesen, über den Erwerb von Cannabis aus der Apotheke hinaus Cannabis selbst anzubauen, da dieses Verfahren am kostengünstigsten ist, oder anderweitig illegal zu erwerben. Der Bundesopiumstelle ist die Diskrepanz zwischen unserem Bedarf an Cannabisblüten und der Menge der von uns in der Apotheke erworbenen Cannabisprodukte bekannt.

Dieser Zustand ist nicht tragbar, und wir hoffen auf Ihre Unterstützung einer praktikablen Lösung. Wir möchten Sie daher fragen:

Welche Lösung können Sie uns anbieten, damit wir einen vollständigen legalen Zugang zu der für uns notwendigen Behandlung mit Cannabisprodukten erhalten?

Mit freundlichen Grüßen“

Unterschriften von 18 Patienten mit einer Ausnahmegenehmigung